
April: Gelobt sei Gott im höchsten Thron – EG 103
Auslegung von Reinhard Ellsel
Das Schicksal wird interviewt:
„Zwei kurze Fragen hätte ich an Sie:
Sie schlagen ja oft und hart zu ...“
Das Schicksal antwortet:
„Richtig! Meine Schläge sind hart, und meine Rechte ist ebenso gefürchtet wie meine Linke. Treue, Glaube und Liebe, kurz auch die schwersten Brocken, habe ich schon auf die Bretter geschickt.
Und sie wurden sämtlich ausgezählt.
Nur mit einem Gegner habe ich bisher nicht fertig werden können.
Sooft ich ihn auch K.O. schlage und davon überzeugt bin,
dass er nun endgültig ausgezählt auf dem Boden liegen bleibt
–
spätestens bei `Neun´ ist er wieder auf den Beinen.“
Der Interviewer fragt nach:
„Und wer ist dieser Unbezwingbare?“
Antwort:
„Die Hoffnung.“
Dunkle Stunden und schweres Geschick gehören zu unserem Leben mit dazu. Aber Christen haben eine unbezwingbare Hoffnung in sich, die ihnen immer wieder Kraft und Mut gibt.
Gott hat Jesus von den Toten auferweckt.
Deshalb hat nicht mehr der Tod das letzte Wort, sondern das Leben.
Gott selbst erfüllt uns mit einer lebendigen Hoffnung,
die uns nichts und niemand nehmen kann,
auch kein noch so herbes Schicksal.
Davon spricht auch ein Vers aus dem Neuen Testament:
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,
der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat
zu einer lebendigen Hoffnung
durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“
(1. Petrus 1,3)
Ausgehend von diesen Worten im 1. Petrusbrief hat Michael Weiße ein Osterlied geschrieben.
EG 103,1
1. Gelobt sei Gott im höchsten Thron
samt seinem eingebornen Sohn,
der für uns hat genug getan.
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Jesus hat für uns genug getan. Das ist die zentrale Aussage dieses Osterliedes. Jesus Christus ist vom Tod erstanden (V. 5) und hat auch uns damit von der Macht des Todes und aus dem Gestrüpp der Sünden befreit (V.6). Wir dürfen aufatmen und fröhlich singen. Unsere Hoffnung ist unbezwingbar.
Jesus hat für uns genug getan. Aus eigener Kraft würden wir uns von den Niederschlägen des Schicksals nicht mehr erheben können. Aber weil Gottes Kraft durch die Auferstehung Jesu von den Toten in uns lebendig ist, deshalb ist unsere Hoffnung unbezwingbar; stellen wir uns immer wieder dem Leben mit seinen Herausforderungen; lassen wir uns nicht unterkriegen.
Michael Weiße hat dieses Lied 1531 in
„Ein neu Gesäng Buchlen“
veröffentlicht. Es enthält weit über hundert Deutsche Lieder in eigener Dichtung und Übertragung. Damit hat Weiße im Bereich des deutschsprachigen Kirchenliedes das bis dahin größte poetisch-musikalische Werk eines Einzelnen geschaffen.
Jesus hat für uns genug getan. Diese lebendige Hoffnung hat Michael Weiße zu immer neuen Gedichten und Liedern inspiriert.
Michael Weiße wurde um 1488 in Neiße in Oberschlesien geboren. Er wurde Mönch in einem Kloster in Breslau. Im Winter 1517/18 floh er ins Böhmische Leitomischl. In der Gemeinde der Böhmischen Brüder wurde er freundlich aufgenommen. Er schloss sich ihnen an.
Die Böhmischen Brüder haben ein bewegtes Schicksal. Ihre Ursprünge gehen bis auf den tschechischen Reformator Jan Hus zurück, der 1415 während des Konzils von Konstanz als Ketzer verbrannt worden ist.
Bedrängt und verfolgt durch die katholisch-geistliche und staatliche Obrigkeit wollen die Böhmischen Brüder nach dem Vorbild des einfachen Lebens von Jesus urchristlich-geschwisterlich zusammenleben.
Nach und nach bilden sich freikirchliche Ordnungen heraus:
Unter anderem haben die Böhmischen Brüder eine eigene Agende für den Gottesdienst und ein eigenes Gesangbuch.
Martin Luther, zu dem Michael Weiße in Kontakt getreten ist, fühlt sich den Böhmischen Brüdern innerlich verbunden. Luther schreibt: „Ich habe bisher unbewusst alles, was Hus hat, gelehrt und gehalten. Kurz wir sind alle unbewusste Hussiten, wie auch Paulus und Augustinus.“
Trotz mancher Unterschiede in Glauben und Leben schreibt Luther voller Anerkennung: „Weil ihr wisset, dass man euch für die ärgsten Ketzer hält, gebe ich Zeugnis, wie gar viel näher ihr dem Evangelium seid, denn alle anderen, die mir bekannt sind.“
Und eben das ist das Evangelium, wie es auch Michael Weiße besingt:
Jesus hat für uns genug getan.
Das ist unsere unbezwingbare Hoffnung:
Nicht weil wir immer nur Gutes tun würden,
wären wir gut genug für Gott.
Nicht aufgrund eigener Rechtschaffenheit
bekommen wir Frieden mit Gott,
sondern allein durch Jesus Christus,
der durch seine Auferstehung Sünde,
Tod und Teufel aufs Kreuz gelegt hat.
In enger Anlehnung an die biblischen Berichte besingt Weiße die Auferstehung Jesu und führt uns mitten in das Geschehen am Ostermorgen hinein.
EG 103,2-4
2. Des Morgens früh am dritten Tag,
da noch der Stein am Grabe lag,
erstand er frei ohn alle Klag.
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
3. Der Engel sprach:
„Nun fürcht` euch nicht;
denn ich weiß wohl, was euch gebricht.
Ihr sucht Jesus, den find
`t ihr nicht.“
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
4.
„Er ist erstanden von dem Tod,
hat überwunden alle Not;
kommt, seht wo er gelegen hat.“
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
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Martin Luther glaubte, dass Kirchenlieder dazu beitragen können, die christlichen Lehren besser zu vermitteln. Deshalb veröffentlichte er 1524 das Achtliederbuch. Seitdem ist das Gesangbuch in einem dynamischen Prozess immer wieder ergänzt, erweitert und erneuert worden. › Weiter zur Arbeitshilfe |
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Martin Luther glaubte, dass Kirchenlieder dazu beitragen können, die christlichen Lehren besser zu vermitteln. Deshalb veröffentlichte er 1524 das Achtliederbuch. Seitdem ist das Gesangbuch in einem dynamischen Prozess immer wieder ergänzt, erweitert und erneuert worden. › Weiter zur Arbeitshilfe |
Mit diesen Strophen besingt eine bedrängte Gemeinde ihre österliche Hoffnung. Deshalb wird sie sich niemals von ihrem Weg mit Jesus abbringen lassen:
„Er ist erstanden von dem Tod, / hat überwunden alle Not.“
Das Grab ist leer! Jesus lebt!
Es sind also nicht die eigenen Ideen und Ideale der Böhmischen Brüder, die ihnen Kraft für ihren Alltag geben, sondern die Verbindung mit der unauslöschlichen Lebenskraft von Jesus.
Michael Weiße dichtete ursprünglich zwanzig Strophen,
mit denen er die Ostergeschichte nacherzählte und auf den Punkt brachte, was Ostern für ihn bedeutet.
Seine Sprache ist für unsere Ohren mitunter melodisch ungeschliffen.
Deshalb finden sich in unserem Gesangbuch nur noch sechs Strophen.
Und eine neue Melodie hat das Lied bekommen;
eine Melodie, die erst achtzig Jahre später entstanden ist.
Melchior Vulpius hat sie komponiert und 1609 samt Liedsatz veröffentlicht.
Und in dieser Melodie finden wir nun ein dreifaches Halleluja,
das sich anhört wie ein Osterlachen. Es scheint, als würden der Tod und alle Todesmächte ausgelacht:
„Halleluja-ha-ha. Halleluja-ha-ha. Halleluja.“
EG 103,5.6
5. Nun bitten wir dich, Jesu Christ,
weil du vom Tod erstanden bist,
verleihe, was uns selig ist.
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
6. O mache unser Herz bereit,
damit von Sünden wir befreit
dir mögen singen allezeit;
Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Typisch für die meisten Brüderlieder ist, dass
–
wie auch hier
–
zum Schluss Bittstrophen angefügt sind: Der bisherige Gedankengang wird zusammengefasst und in ein Gebet an Gott oder Jesus gebracht:
„Nun bitten wir dich, Jesu Christ, / weil du vom Tod erstanden bist, /
verleihe, was uns selig ist.“
„O mache unser Herz bereit, / damit von Sünden wir befreit /
dir mögen singen allezeit: / Halleluja“
.
Die Auferstehung Jesu von den Toten soll für unsere Herzen eben kein fernes Ereignis bleiben, über das man so oder anders denken kann. Vielmehr soll es uns schon heute Hoffnung geben auf das ewige Leben, und die Kraft, unseren Alltag im Glauben zu gestalten. Ostern ist jeden Tag!
Durch diesen österlichen Glauben sind wir Christen Hoffnungsträger;
Hoffnungsträger in einer Welt, in der viele nur an sich selbst denken;
Hoffnungsträger, wo andere den Mut sinken lassen.
Denn unsere Hoffnung ist unbezwingbar und lässt sich auch durch Rück- und Niederschläge nicht auf den Boden werfen.
Jesus lebt. Er ist unsere lebendige Hoffnung.
Hoffnungsträger
Christen
sind
Hoffnungsträger
in einer Welt voller
Leid,
Ungerechtigkeit,
Dunkel
und Streit.
Werden Christen nicht
vom Leid betroffen?
Sind sie nicht manchmal
in Ungerechtigkeit verwickelt?
Macht ihnen denn nicht
das Dunkel zu schaffen?
Tragen sie nicht auch
zum Streit bei?
Ja, aber
sie werden
getragen,
getröstet,
gestärkt,
erleuchtet
und versöhnt
durch
Christus.
Amen.