Almabtrieb
Hier soll eines besonderen Brauchs zum Erntedank gedacht werden: des Almabtriebs. Er ist zwar auf die Gebiete beschränkt, in denen es Almwirtschaft gibt, aber gerade der Abtrieb von der Alm ist durch das Fernsehen und nicht zuletzt auch durch die Urlauber bekannt geworden. Manchmal sind es Hunderte von Schaulustigen, die an den Wegen stehen, auf welchen die Senner/innen am Ende des Almsommers mit ihren bekränzten Kühen dem heimatlichen Hof zustreben.
Wenn während der Alm-Zeit (regional verschieden von Juni bis September) keine Seuche unter dem Vieh ausgebrochen, kein sonstiger Schaden (Absturz etc.) eingetroffen und im Hause des Alm-Bauern kein Todesfall eingetreten ist, dann werden die Kühe (Kälber) und Stiere bekränzt. Dieser „Kranzl-Schmuck“ (regional verschieden gestaltet) besteht aus Latschen- oder Fichten-(Föhren-)Wipfeln, deren Zweige oft nach oben gebogen und am Stamm befestigt werden. Diesen „Fuikln“ werden Sterne und Rossetten (Rösln) o. ä. aus eingefärbten Holzspänen („Gschabert-Bandln“) aufgesteckt, die noch mit Blatt- oder Rauschgold (heute meist mit Goldbronze) verziert werden. Große „Fuikln“ haben etwa 200, kleinere bis zu 50 solcher Sterne oder Rösln. Manche haben (wie Kometen) einen Schweif aus längeren Holzspänen. Dazu tragen die verschiedenen Tiere (je nach Rangordnung) ihre größeren und kleineren Glocken.
Mit dem Herstellen dieses Schmucks darf erst am Tag des Heiligen Bartholomäus (24. August) begonnen werden. Am Tag des Abtriebs wird der (sehr prächtige oder einfache Schmuck) den Tieren aufgebunden, entweder schon beim Verlassen der Alm oder vor dem letzten Wegstück zum heimatlichen Hof.
Das „Kranzln“ ist ein alter Erntedankbrauch, der heute – da viele Bauern ihr Vieh mit Vieh-Lastwagen zur Alm und wieder nach Haus fahren – leider immer mehr zurückgeht, wenn ihn nicht – neben einigen traditions- und brauchtumsbewussten Bauern – Heimatvereine, Fremdenverkehrsvereine usw. erhalten. Der Brauch verblasst, obwohl sich die Sennerinnen (wie etwa auf der Kallbrunn-Alm bei Lofer und vielen Almen im Berchtesgadener Land) an jedem Samstag während der Alm-Zeit am Alm-Kreuz treffen, um den Rosenkranz zu beten und obwohl jeder Geistliche hochwillkommen ist, der mit den Sennerinnen und Sennern die Eucharistie feiert. Mit dem Rückgang des Brauchs geht ein Stück alten Kulturerbes der Bergwelt verloren und ein gut Teil bodenständiger Frömmigkeit.
Früher (selten noch heute) wurde vor dem Beginn des Abtriebs ein Gebet gesprochen, wurden alle Tiere vom Senner oder der Sennerin mit Weihwasser besprengt.