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Impulse durch das Kirchenjahr
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Arbeitshilfen
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- Advent – Glanz
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- Brot
- Das Leben blüht auf
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- Elisabeth von Thüringen – Liebe, lache, bete
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- Erntedank mit Karli der Maus
- Franz von Assisi
- Fülle des Lebens – Reise in das gelobte Land
- Gebete
- Gemeinde für Menschen – Die Kirche der Zukunft
- Gesegnete Jahre
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Gottes großer Garten – Erntedank
- Gute Fahrt! (Schulanfang)
- Hildegard von Bingen
- Himmlische Plätzchen
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- Jubelkonfirmation
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- Lieber Gott, schau, was ich kann! (Schulanfang)
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- Martin Luther King
- Mutter Teresa
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- Psalm 23 für Kinder
- Regenbogen
- Reise ins Regenbogenland (Schulanfang)
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- Segenswünsche
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- Taufe – Symbole
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- Trauung – Zwei, die sich trauen
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- Weihnachten – Segensreiche Zeit
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Arbeitshilfen
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Inhalt:
1. Der Herbst
2. Zitate
3. Ehrfurcht
4. Meine Jahreszeit
5. Tischgebete
6. Erntedank ist Erdedank
7. Gottesdienst: Gottes großer Garten
7.1 Gottes Garten ist bunt
7.2 Der Tau, der Ölbaum und die grünende Tanne
7.3 Der Maulbeerfeigenbaum und das Mauerblümchen
7.4 Die Lilien auf dem Feld
7.5 Das Unkraut und der Rizinus
8. Gebete
8.1 Gebet um das tägliche Brot
9. Dank und Fürbitte
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Die Natur bedarf keiner Erläuterung:
um ihre Schönheit zu verstehen,
genügt ein offener Blick
und ein empfängliches Gemüt.
Karl Detlef
Der Herbst
Jede Jahreszeit hat ihre Sprache, ihre Stimmungen und ihre Bewegung. Die Sprache des Herbstes ist eher leise, seine Stimmungen sind verhalten und seine Bewegung ist eine, die langsam zur Ruhe kommt. Die Sprache des Herbstes geht uns sehr nahe. Viele scheuen sogar die Stimmungen des Herbstes und ängstigen sich vor deren Eindringlichkeit.
Der Herbst ist eine Zeit der Fülle. Glühende Farben und prächtig leuchtende Früchte bestimmen das Bild der Natur. Das Licht ist klarer und heller als sonst, weiter als gewöhnlich darf unser Blick wandern, und auf seltsame Weise rückt Nahes und Fernes zusammen. Es gibt Tage voll milder und zärtlicher Wärme, die die Menschen ruhig und dankbar genießen.
Der Herbst ist aber auch eine Zeit des Rückzugs. Die Fülle der Farben und Früchte trägt in sich ein Gefälle zum Ende hin. Das Leben ist erschöpft, es zieht sich zurück. Und schnell wechselt der Herbst seine Farbe zum leblosen Grau. Kahl stehen Bäume und Häuser in der Landschaft. Der Nebel verhüllt alles ringsum und zwingt uns, eine neue Art des Schauens zu suchen. Die Luft entbehrt plötzlich der Wärme, und vom Boden steigt die Kühle auf.
Fülle und Rückzug des Lebens – die zwei Gesichter des Herbstes, die zwei Grundstimmungen dieser Jahreszeit. Nur dieser Jahreszeit? Nur ein wenig echte Aufmerksamkeit lässt uns erahnen, dass dies auch Grundstimmungen unseres Lebens sind.
Der Herbst spricht uns in der Tiefe unseres Wesens an, und er ängstigt uns zuweilen. Er fragt uns, wie wir es wohl halten mit dem vollen Leben und dem Rückzug aus diesem Leben.
Ob wir die vielen äußeren Unternehmungen auch sein lassen können, ob uns etwas liegt an ruhiger Sammlung und klärendem Bei-sich-Sein, wie es mit Abschied und Ausschau nach dem Wesentlichen und Letzten bei uns bestellt ist.
Zitate
Liebet die ganze Schöpfung Gottes!
Sowohl den ganzen Erdball, wie auch das kleinste Sandkorn.
Jedes Blättchen liebet, und jeden Sonnenstrahl!
Liebet alle Dinge!
Wenn ihr das tut, so werden sich euch in ihnen die Geheimnisse
Gottes offenbaren. Und wenn das geschieht, so werdet
ihr ihn selbst von Tag zu Tag mehr erkennen. Und schließlich
werdet ihr ihn und die ganze Welt in einer einzigen
großen Liebe umfassen.
Fjodor M. Dostojewski
Ich glaube, dass man jetzt die reichen, prächtigen Seiten der Natur malen muss. Wir haben Heiterkeit nötig und Glück, Hoffnung und Liebe.
Vincent van Gogh
Ehrfurcht
Der Theologe und Schriftsteller Christoph von Schmid wanderte einmal durch die Felder, auf denen das Getreide reifte. Da begegnete er einem Bauern, der in der glühenden Sonne ohne Hut ging. Auf die Empfehlung des Priesters, den Hut doch aufzusetzen, entgegnete der Bauer: „Wenn ich durch meine reifenden Felder gehe, setze ich den Hut nicht auf, weil man Ehrfurcht haben muss vor dem geheimnisvollen Walten und Wirken Gottes, das sich da still vollzieht.“
Was für ein Narr ist doch der Mensch, dass er mit den Händen nach den Sternen greift und vergisst, dass ja die Erde selbst ein Stern ist.
Han Suyin
Als Gott die Welt erschaffen hatte,
sah er, dass alles gut war.
Was würde er jetzt dazu sagen?
George Bernard Shaw
Meine Jahreszeit
Der Herbst war meine Jahreszeit von jeher, was als ungesund empfunden wurde, ein junger Mensch hat den Frühling zu lieben, den schüchternen Vorfrühling mit seinen Schneeglöckchen unter aalschwarzen Baumästen oder den alten Liebesmonat Mai, allenfalls noch den Rosensommer, welche Jahreszeiten mich ganz kalt ließen, ja mich in ihrem Zuwachs an Helligkeit geradezu störten. Vom 21. Juni, dem Tag der Sonnenwende, an begann ich aufzuatmen, jetzt konnten die Tage nicht mehr länger werden, jetzt begann es sich langsam, langsam wieder um mich zu schließen, das süße Netz der Dunkelheit, der Höhlentiefe, des Traums. Länder, in denen die Sonne einige Monate lang überhaupt nicht untergeht, nur am Rande des Horizontes dahinrollt, fand ich entsetzlich, gegen Mitternacht noch im Freien die Zeitung lesen, wer möchte das, ich möchte es nicht. Schon als ich ein Kind war, entzückte mich die besondere Buntheit des Herbstes, was die andern melancholisch machte, stimmte mich lustig, ich sah gut aus, ich wollte immer essen, meine Haare, meine Nägel wuchsen doppelt so schnell. Ich rannte und wirbelte mit den Füßen das feuchte, farbige Laub auf, dass all dies auf den Winter zuführte, bedachte ich nicht. Im Laufe der Jahre hat sich daran nicht viel geändert, in den Herbst, in dessen pathetischer Klarheit ich sozusagen immer gelebt hatte, wachse ich jetzt hinein, wie ein Kind in ein Kleid aus der Kostümkiste, ein ehemals zu weites, zu langes, zu buntes Kleid. Ich kann es mir heute erlauben, Drachen steigen zu lassen, phantastisch Aufgeputztes, das sich den Winden anvertraut, das hoch hinauffliegt und das am Ende die Stoppeln zerreißt und den Novemberschlamm bedeckt. Es wird mir auch niemand mehr übelnehmen, dass ich auf meinen Schlaf halte, meine halben und ganzen Träume, und dass mir von allen Altären der liebste der ist, auf dem sich die Früchte häufen, gelber Mais, rote Melone, goldgrüne Birne, Kornährenbüschel, Tomaten, in manchen Gegenden auch Granatäpfel, die tausendkernige Frucht.
Marie Luise Kaschnitz
Die Vorratskammer ist gefüllt
für einen langen Winter.
Wie ein Eichhörnchen
habe ich gesammelt.
Sonne Luft und Augenblicke
voller Stille und Beschaulichkeit
fülle ich in Einmachgläser
die ich öffnen kann,
wenn der Sommer vorbei ist,
wenn das Licht und
die Farben verblassen.
Anne Steinwart
Tischgebete
Seh‘ ich dies Essen, Herr, dann lacht
mein Herz, weil Essen Freude macht.
Hilf, Herr, dass jeder lachen kann,
sieht er bei Tisch sein Essen an!
Herr, wir wissen, dass an diesem Tage
viele Menschen nichts zu essen haben.
Haben wir zu viel von deinen Gaben,
ist der Hunger die größte Plage.
Herr, wir danken dir. Du machst uns satt.
Sorge bitte du dafür, dass morgen
schon durch deine und durch unsre Sorgen
jeder Mensch etwas zu essen hat!
Lieber Gott, du machst uns satt.
Kannst du unsern Dank verstehn?
Wenn man was zu essen hat,
ist sogar der Hunger schön.
Du schenkst das Wachsen und Gedeihn.
Herr, willst du gütig uns verzeihn,
dass grade überm guten Essen
wir dich am häufigsten vergessen!
Hab Dank, Herr, heute wissen wir:
Auch diese Mahlzeit kommt von dir!
Herr, weil du es so gelenkt hast,
sind wir satt. Es hungern viele.
Lass uns helfen! Aus der Fülle
schenken, Herr, was du geschenkt hast!
Erntedank ist Erdedank
Was geerntet wird, wächst vorher. Aber was brauchen wir alles zu einem ausgefüllten Leben in der Gegenwart, ohne dass es gewachsen wäre!
Das Auto, den Fernseher, den Trockenrasierer, die Duschkabine, das Abendkleid mit Pailletten – lauter Erfindungen, die der Mensch im Laufe vieler Jahrhunderte gemacht hat, immer mehr, immer bessere, immer kompliziertere. Der Mensch ist entsprechend stolz darauf. „Ein Mensch, wie stolz das klingt!“ hat Maxim Gorki gesagt. Maxim Gorki ist nicht mehr „in“, denn er war Kommunist. Aber der stolz gewordene Mensch, der ist nach wie vor „in“ und wie! Schließlich hat er im kapitalistischen Lager noch ganz andere Erfindungen gemacht als im sozialistischen!Wirklich? Ich behaupte: Es gibt gar keine Erfindungen! „Erfindung“ – das klingt so, als habe man etwas geschaffen, was vorher noch nicht da war oder vielmehr: wovon vorher noch nichts da war. Das ist ein Irrtum, dem nicht nur diejenigen erliegen, die von Gott und seiner Schöpfung nichts wissen. Auch Christen, die es wissen müssten, leben oft so, als wüssten sie es nicht, als seien sie selbst der Schöpfer.
Nein, Erfindungen gibt es nicht, es gibt nur „Findungen“. Dinge, die man auf der Erde und vielleicht auch in der Luft gefunden hat und benutzen kann, so wie sie sind, oder die man verwandeln muss in einen anderen Stoff, der zwar so in der Natur nicht vorkommt, aber doch ohne diese Natur nicht denkbar und nicht zu erschaffen ist. Nicht ein Bruchteil ist in sogenannten „Erfindungen“ zu dem hinzugekommen, was schon da war.
Erntedank ist ERDEDANK! Für die ganze Erde haben wir zu danken! Und die ganze Erde ist ein uns anvertrautes Geschenk, ohne das wir nicht existierten und durch dessen Ruin wir zugrunde gingen. Wir sind durch unser Handeln und Wirtschaften schon sehr nahe an den Ruin herangekommen. Das Wasser, die Luft, der Erdboden tragen warnende Spuren ihrer Vernichtung, sind schmutzig, sauer, vergiftet. Es ist höchste Zeit, das Danken zu lernen und anders, neu, dankend zu leben, damit die Erde erhalten bleibt!
Von selbst bringt die Erde Frucht,
zuerst den Halm,
danach die Ähre,
danach den vollen Weizen in der Ähre.
Markus 4,28
Gottesdienst Gottes großer Garten
Orgelspiel
Chor: Motette „Es ist ein köstlich Ding …”
Dazwischen singt die Gemeinde: EKG 233, 1+2+7
Psalm Gebet
Gottes Garten ist bunt
Eine Betrachtung biblischer Pflanzenmotive
Eine Gemeinde ist wie ein Garten. Es gibt unterschiedliche Pflanzen in ihr, große und kleine, schöne und nützliche, solche, die eher zur Dekoration dienen, und solche, die vorab gut schmecken. Es finden sich unscheinbare und aufdringliche, unauffällige und betörend schöne.
Die Vielfalt des Gartens kann gelegentlich verwirren. Sie kann auch anstrengend sein. Sie zeigt jedoch zugleich den Schöpferreichtum Gottes. Er hat dieser Welt nicht nur ein Gesicht gegeben. Er hat ihr auch nicht nur eine Farbe verliehen oder einen Geschmack. Er hat den Menschen unterschiedliche Gestalten und verschiedenartige Fähigkeiten geschenkt, damit wir im Spiegel der menschlichen Vielfalt etwas von seiner Fülle erfahren.
Daran will uns dieser Gottesdienst erinnern, damit wir uns ganz neu und von Herzen darüber freuen, dass Gott so groß ist. Wir wollen zugleich einige besondere Pflanzen aus Gottes Garten betrachten. Ich greife solche heraus, die auch in der Bibel eine eigene Rolle spielen.
Chor: „Singen und klingen wie das Land”
Der Tau, der Ölbaum und die grünende Tanne
Es gibt Gegenden, da regnet es selten. Dennoch gedeiht die Vegetation. Das macht der Tau, der während der Nacht fällt. Er kommt leise, fast unbemerkt, aber er ermöglicht das Leben.
Ebenso behutsam, sagte der Prophet Hosea, will Gott mit seinem Volk umgehen. Dabei hatte es ihm genügend Grund zum Zorn gegeben. Immer wieder hat sich Israel von Gott abgewandt. Andere Götter, die Kraft der Fruchtbarkeit zum Beispiel, lagen ihm näher. Mit denen konnte man mehr anfangen. Sie schienen realer als der Schöpfer des Himmels und der Erde. Auch die eigenen Möglichkeiten, die Klugheit der führenden Männer, ihr diplomatisches Geschick, das Bündnis mit der Großmacht Assur versprachen mehr Sicherheit zu geben als die Zusage Gottes.
Doch die Götter trogen. Sie haben das Leben nicht erhalten. Und auf die eigene Intelligenz war im entscheidenden Augenblick ebenso wenig Verlass wie auf die Macht der sogenannten Freunde. „Kehre um, Israel, zu deinem Gott“, hat der Prophet deshalb seinem Volk zugerufen. „Du bist zu Fall gekommen durch deine Schuld.“ Dann hatte er allerdings noch etwas zu sagen.
So spricht der Herr: „Ich will ihren Abfall heilen; ich will sie lieben, denn mein Zorn soll sich von ihnen wenden. Ich will für Israel wie ein Tau sein, es soll blühen wie eine Lilie und Wurzeln schlagen wie eine Linde. Seine Zweige sollen sich ausbreiten, seine Pracht soll sein wie die des Ölbaums und sein Duft wie der des Libanon. Sie sollen wieder unter meinem Schatten sitzen; von Korn sollen sie sich nähren und blühen wie ein Weinstock … Ephraim, was sollen dir weiter die Götter. Ich will dich erhören und führen. Ich will sein wie eine grünende Tanne; von mir erhältst du deine Frucht.“
Ja – auch das gibt es in Gottes Garten: den Hinweis darauf, dass er behutsam und treu ist. Es sind wunderschöne Bilder, in denen der Prophet davon spricht. Sie wollen auch in unser Herz eindringen, es öffnen und erfreuen. Und sie wollen uns so ermutigen, Wurzel zu fassen in ihm, damit auch unser Glaube wächst und unsere Freude sich ausbreitet.
Gemeinde: EG 511,1-3
Der Maulbeerfeigenbaum und das Mauerblümchen
In Gottes großem Garten befindet sich ein Maulbeerfeigenbaum. Auf dem saß einmal einer. Der war mit seinem Leben nicht mehr zufrieden. Dabei ging es ihm gut, zumindest materiell gesehen. Er war einer der ganz Reichen in seiner Stadt. Doch irgendwie hatte er gespürt, dass ein Mensch nicht von Festessen, von schönen Kleidern und luxuriösen Wohnungen allein leben kann. Er braucht auch Freunde. Und er hat das Gefühl nötig, dass sein Leben nicht nur angenehm, sondern auch sinnvoll ist.
Darum wollte jener Mann Jesus sehen. Von ihm versprach er sich etwas. Die Leute versperrten ihm jedoch den Weg. Sie ließen ihn nicht hindurch. Sie ließen ihn ihre Verachtung und ihren Hass spüren. Da blieb dem Kleingewachsenen nichts anderes übrig als auf einen Baum zu steigen. Was für ein Glück, dass jener Maulbeerfeigenbaum ihm dies leicht gemacht hat. Denn Zachäus wollte wirklich Jesus sehen. Er wollte etwas erfahren, was über seinen Alltag hinausreicht. Er hatte zugleich Verlangen nach dem, was dem Leben eine neue Richtung gibt.
Deshalb steht der Maulbeerbaum in Gottes Garten als Zeichen der Sehnsucht nach dem, was wirklich nährt, was nicht nur den Magen füllt, sondern auch die Seele. Er befindet sich dort jedoch zugleich als Hinweis darauf, dass keiner umsonst nach Gott fragt. Denn er nimmt auch die Unscheinbaren wahr. Er sieht die, die anderen den Rücken zukehren. Er entdeckt die Zurückgesetzten, die Mauerblümchen und die, die sich selbst ins Abseits manövriert haben.
Was war dieser kurzgewachsene Oberzöllner Zachäus schon im Vergleich zu den vielen Leuten, die die Straße säumten? Und doch blieb Jesus ausgerechnet bei ihm stehen: „Steig eilends herab, denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“
Ich muss – das heißt, Gott will es so. Er gibt seine Welt nicht auf. Darum kam Jesus, um von Gottes Liebe zu reden und um sie zu leben. Darum wurde aber auch der hoffnungslose Fall Zachäus zu einem Zeichen der Hoffnung. An ihm können wir ablesen, dass Gott uns sucht, uns nachgeht – und dass er denen besonders nahe ist, die nichts mehr von sich halten und die doch voll Hunger sind nach Liebe, nach Erfüllung und nach ihm.
Gemeinde: EG 380, 1+3+5
Die Lilien auf dem Feld
„Seht die Lilien auf dem Feld und schaut zu, wie sie wachsen! Sie mühen sich nicht ab, sie spinnen kein Kleid, aber ich sage euch: Nicht einmal Salomon in all seinem Glanz sah so schön aus wie eine einzige Lilie. Wenn aber Gott selbst die Gräser – das Unkraut, das heute blüht und morgen verbrannt wird! – so prächtig kleidet: um wieviel mehr dann euch! Wie klein ist doch euer Vertrauen.“ (Matthäus 6,28-30, Übersetzung: Walter Jens)
Um es gleich zu sagen: Im strengen Sinn des Wortes beweisen können die Lilien auf dem Felde nichts. Dafür gehen auch von ihnen noch zu viele zugrunde. Aber die Augen wollen sie uns öffnen und uns zum Nachdenken anregen. „Seht euch doch um“, sagen sie. „Natürlich gibt es viel Entsetzliches in eurer Umgebung, viel Grauen und viel Bosheit. Aber könnt ihr tatsächlich behaupten, dass diese Welt aus Schrecklichem besteht? Geht es da lediglich ungerecht und willkürlich und dürftig zu? Ein Blick in die Natur müsste euch eigentlich überzeugen. Wenn das Frühjahr kommt, wenn es Sommer wird, braucht ihr nur aus dem Fenster zu schauen. Da blüht es und wächst. Nicht karg, nicht eintönig, sondern mit einer atemberaubenden Vielfalt. Wenn aber Gott die zerrissene, von Schuld und Leid bedeckte Erde nicht aufgibt, wenn er sie auf eine solche Weise erhält, fällt es euch dann wirklich schwer zu glauben, dass er auch euch nicht im Stich lassen will?“
Ich sage es noch einmal: Die Vögel unter dem Himmel, die Lilien auf dem Feld können nichts beweisen. Aber sie wollen uns in unserem Misstrauen und unserer Verzweiflung unsicher machen, damit wir offener werden und ohne Verkrampfung, aber auch ohne Vorurteil auf den hören können, der diese Worte gesprochen hat und der noch viel mehr für uns tat.
Denn auch darum ist Jesus ins Leiden und in den Tod gegangen, damit wir es ihm glauben. Er ist immer da. Er lässt uns selbst in den dunklen Augenblicken nicht im Stich. Deshalb konnte der Apostel sagen: „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch“.
Und darum schrieb Martin Luther: „Wer ein Christ sein will, der lerne, sich der Sorgen und ängstlichen Gedanken zu entschlagen und sie von sich zu werfen. Nicht in einen Winkel, wie etliche vergeblich meinen, denn sie lassen sich nicht so hinwerfen; sie stecken im Herzen. Sondern sein Herz mit seinen Sorgen soll er Gott auf den Rücken werfen. Denn der hat einen starken Hals und Schultern, dass er es wohl tragen kann.“
Gemeinde: EKG 810,1-5
Das Unkraut und der Rizinus
Lesung: Matthäus 13,24 ff
Auch in Gottes Garten wächst Unkraut. Das würden viele gerne ausjäten, damit es den besseren Pflanzen nicht die Nahrung stiehlt. Damit nicht alles davon überwuchert wird. Damit der Garten sauber bleibt.
Ich kann diesen Wunsch gut verstehen. Er ist nicht unvernünftig und oft von Herzen gut gemeint. Dennoch mahnt Jesus zur Geduld. Es könnte ja sein, sagt er, dass ihr noch gar nicht genau zwischen Unkraut und guten Pflanzen zu unterscheiden vermögt. Lasst also lieber beides zusammenwachsen, damit ihr das Getreide nicht mit ausrauft.
Die Geschichte, gerade die der Kirche, liefert dafür erschreckende Beispiele. Die Ketzer von gestern sind mehr als einmal die Heiligen von morgen gewesen. Was aber wurde ihnen alles angetan! Und in der Tat, wer von uns vermag so unfehlbar über Gut und Böse zu urteilen, dass er daraufhin einen Menschen verwerfen dürfte?
Nun geht es in Jesu Gleichnis allerdings nicht um die Grenzen unserer Urteilskraft. Es geht hier noch mehr um die Schrankenlosigkeit der Liebe Gottes. Unter seinen Händen muss das Unkraut kein Unkraut bleiben. Er müht sich wie ein guter Gärtner um den unfruchtbaren Baum, damit der noch aufblüht und Früchte trägt. Was ansonsten unmöglich ist, geschieht bei ihm. Wer verlorenging, wird gesucht, wer verworfen ist, darf umkehren, und was dürr und nutzlos erscheint, kann neues Leben erhalten.
Darum gehört in Gottes Garten neben das Unkraut unter dem Weizen die Rizinusstaude. Die ließ Gott an der Hütte des Propheten Jona aufwachsen, nachdem dieser Ninive den Untergang angesagt hatte. Der Prophet wollte dies eigentlich nicht tun. Er gönnte der verworfenen Stadt keine Chance. Er weigerte sich, zu mahnen und zur Umkehr aufzurufen.
„Es sind noch vierzig Tage, dann wird Ninive untergehen.“ Mit diesen Worten betrat er die Stadt. Mit ihnen verließ er sie wieder. Dann setzte er sich vor seine Hütte, um das Strafgericht abzuwarten. Während der trotzige Prophet auf das lauerte, was mit Ninive geschehen sollte, so wird erzählt, taten die Menschen Buße. Sie kehrten um. Zugleich wuchs hinter der Hütte des Jona der Strauch, der ihm Schatten gab. Die Freude währte allerdings nicht lange. Die Pflanze ging ein.
Als nun der Prophet in doppelter Weise mit Gott haderte, über die gerettete heidnische Stadt und die verdorrte, ihm liebgewordene Staude, erhielt er zur Antwort: „Dich jammert die Pflanze, um die du keine Mühe gehabt und die du nicht großgezogen hast. Und ich,“ spricht der Herr, „sollte nicht leiden wegen Ninive, der großen Stadt, in der es einhundertzwanzigtausend Menschen gibt, dazu auch viele Tiere?“
Was Jona darauf geantwortet hat, wissen wir nicht. Auch dies gehört zum Großartigen an jener Geschichte, dass die Frage offenbleibt, dass aber zugleich sichtbar wird: Die Barmherzigkeit Gottes, die Ninive galt, schließt den verstockten, lieblosen Propheten nicht aus. Uns übrigens auch nicht. Gott sei Dank!
Gottes großer Garten ist voll von sehr unterschiedlichen Pflanzen. Da ist es gut, wenn uns einige in besonderer Weise ansprechen und uns erinnern: an Gottes Treue, an seine Fürsorge, an seine Liebe und an seine Geduld. Damit wir fröhlich glauben können, dass da auch für uns Platz ist.
Gemeinde: EKG 371, 13+14
Nach einem Gebet singen Chor und Gemeinde: „Danket Gott, denn er ist gut“.
Nach dem Segen schließt der Chor mit: „Noch hinter Berges Rande …“
Gebete
Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!
Wenn du deine Hand auftust,
so werden wir mit Gutem gesättigt, Herr:
Erbarme dich über uns,
dass wir uns nicht um die Früchte deines Segens bringen.
Christe eleison – Christe erbarme dich!
Du machst neu die Gestalt der Erde,
du kannst neue Menschen aus uns, Christus:
Erbarme dich über uns,
dass dein Leben in uns lebe
und wir wachsen in dir und zu dir hin.
Kyrie eleison – Herr, erbarme dich über uns!
Gott, Vater für uns und Mutter,
Anfang und Ende, Schöpfer und Vollender:
Es ist gewachsen für uns,
was wir zum Leben brauchen,
und wir danken es dir.
Es ist Brot und Wein da im Überfluss.
Wir ernten mehr, als wir gesät haben.
Wir setzen deine Schöpfung fort,
indem wir lieben und arbeiten.
Aber wie gefährdet ist, was du uns schenkst!
Wie leicht verdirbt, was wir sammeln!
Das Leuchten in unseren Augen:
wie ist es bedroht vom Schatten des Kummers.
Wir bitten dich:
Lass uns das Saatgut nicht ausgehen,
nicht angewiesen sein darauf,
uns von dem zu ernähren, was in die Erde soll,
um Frucht zu bringen
dreißigfach, sechzigfach, hundertfach.
Wir wollen den Tod, wenn er kommt,
willkommen heißen als unseren Bruder;
aber lass uns nicht überwältigt werden
vom zweiten, vom ewigen Tod,
der ein verkehrtes Leben zunichte macht.
Amen
Gebet um das tägliche Brot
Alle Augen warten auf dich, Herr,
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Du tust deine Hand auf
und sättigst alles, was lebt,
nach deinem Wohlgefallen.
Du, Herr, hältst alle, die da fallen,
und richtest alle auf, die niedergeschlagen sind.
(Ps. 145,15f.14)
Wir bitten dich um das tägliche Brot für alle,
wir sehnen das Ende der verfluchten Ausbeutung herbei
und die Speisung der fünf Milliarden.
Wir drängen dich, dass du Unwucht und Bewegung bringst
in die Ruhe derer, die alles lassen wollen,
wie es ist:
die Abhängigkeit der Armen von den Reichen,
die riesigen Vorräte, die wir nicht verzehren können,
die Masse der Vernichtungsmittel,
die deine Schöpfung ungeschehen machen wollen.
Wir wünschen uns das Vertrauen, das wir brauchen,
um von deiner Hand in unseren Mund zu leben.
Den Mut auf Sicherheit zu verzichten.
Den Stolz, unsere höchste Vollkommenheit darin zu finden,
dass wir deiner bedürfen, Gott.
Alle Augen warten auf dich,
dass du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit.
Klaus Eulenberger
Dank und Fürbitte
Herr, unser Gott!
Eigentlich wäre ein Wort heute Gebet genug,
Herr, ein großes „Danke“ an Dich:
Danke für die gute Ernte, Danke für den Arbeitsplatz,
Danke für die Menschen, mit denen wir leben,
Danke aber gerade auch für das, was uns
selbstverständlich erscheint:
dass wir jeden Tag satt werden,
dass jemand mit uns spricht,
dass wir lachen können.
Danke, Herr, dafür, danke für alles.
Doch weil wir uns kennen und die Zukunft nicht,
weil wir von Menschen wissen,
die keinen Grund zum Danken, aber viele Gründe
zum Fluchen haben, darum bitten wir dich:
Für die, die hungern und verhungern.
Überwinde unsere Hartherzigkeit,
unsere Gleichgültigkeit und unsere übersteigerten Bedürfnisse,
damit wir teilen, was du uns schenkst.
Wir bitten dich für die, die krank sind,
für die Verzweifelten und Trauernden:
lass sie durch uns deine Güte erfahren und erkennen,
dass du sie hältst und trägst.
Wir bitten dich für die Regierenden in unserem Land
und in aller Welt:
lass sie nicht Macht und Ansehen für sich suchen,
sondern den Menschen, die ihnen anvertraut sind, dienen.
Und wir bitten dich für uns selbst:
Lass uns mit dem, was du uns schenkst,
behutsam umgehen und über den Gaben nicht dich,
den Geber, vergessen.
Dass du an uns wie ein guter Vater handelst,
Herr, wir haben es nicht verdient,
wegen deines Sohnes Jesus schenkst du es uns.
Das ist wunderbar. Amen.
Helmut Siegel
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