Schutzengelverehrung
Die Engelverehrung ist in der Kirchengeschichte einem dauernden Hin und Her unterworfen. Man nimmt an, dass Paulus im Kolosserbrief (2,18) gegen eine in Kolossä sich breit machende Engelverehrung Stellung bezieht, vermutlich weil die Engel an die Stelle Christi traten. Die Alte Kirche hielt an einer sich in Grenzen haltenden Engelverehrung fest, lehnte aber eine Anbetung ab. Schließlich wurde auf dem 7. Ökumenischen Konzil in Nicäa (787) bestimmt, dass man Bilder der Engel und der Heiligen „grüßen und verehrend vor ihr niederfallen“ dürfe.
Die Verehrung der Schutzengel ist seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar, meist verbunden mit der Michaelsverehrung (das Foto zeigt den heiligen Michael).
Ein eigenes Schutzengelfest bestand seit Anfang des 16. Jahrhunderts in Spanien und Frankreich, seit 1667 in den habsburgischen Ländern am ersten Sonntag im September, sonst am 2. Oktober gefeiert, gesamtkirchlich 1608 durch Papst Paul V. (1605 – 1621) auf den ersten festfreien Tag nach Michael gelegt. Das Fest wurde 1667 durch Giemens IX. (1667 – 1676) und Pius X. (1903 – 1914) auf den 2. Oktober datiert.
Biblische Grundlage
Die Annahme der Existenz eines Schutzengels entspricht nicht willkürlich theologischer Spekulation, sondern fußt auf alttestamentlichen Aussagen. Die Lesung am Schutzengelfest wiederholt seit Jahrhunderten das Wort Gottes (Ex 23,20-23a): „Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen.“
So, wie Engel in der Geburtserzählung Jesu die Hirten zur Krippe weisen, haben sie Hilfs- und Schutzfunktion („Schutzengel“) für die Menschen. In der Literatur, aber vor allem in der Kunst kann die Präsenz von Engeln das hinter ihnen stehende Wort Gottes anschaubar machen, d. h. durch die Engel wird das Unsichtbare sichtbar. Die sichtbaren Engel versinnbildlichen Unsichtbares, die physisch Sichtbaren bezeugen das spirituell Unsichtbare.
Was die Menschen über Engel denken
Heinrich Heine (1797 – 1856) hat einmal spitz bemerkt, die Menschen sollten den Himmel den Engeln und den Spatzen überlassen.
Deutsche Werbeprofis glauben heute deshalb gerne an den Ausverkauf religiöser Begriffe, die ihnen vermeintlich zur Verfügung stehen. Der Schutzengel, der einmal nicht aufpasst, hat die Werbung einer Versicherung bekannt gemacht. Aber nicht nur hier tritt ein Schutzengel auf. Er ist in der Werbung präsent, weil die Werbung davon ausgeht, dass diese Vorstellung bei den Kunden "in den Köpfen" besteht.
Die romantische Märchenoper von Engelbert Humperdinck (1854 – 1921) hat das kindliche Abendgebet an die Schutzengel "Abends wenn ich schlafen geh', vierzehn Engel um mich steh'n" ergreifend vertont, ein Schutzengelgebet, das Generationen von Kindern gebetet haben. Wie sehr die Sehnsucht nach einem derartigen himmlischen Beistand wach ist, belegen einschlägige Untersuchungen.
Für Martin Luther spielten die biblischen Engelsgeschichten stets eine Rolle, daher plädierte er für die Beibehaltung des Feiertages Michaelis am 29. September. In seinem bekannten Morgen- und Abendsegen betete er: „Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde“. Allerdings gibt es keine ausgeprägte Engelsverehrung in den evangelischen Kirchen.
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