Wie die Menschen zum Kräutergarten kamen
Die Begeisterung für Pflanzen und Kräuter entspringt dem ganz allgemein erwachten Interesse an vergangenen Lebensweisen. In diesem Fall reichen die historischen Hintergründe zurück bis in die Jungsteinzeit hinein. Das mag mit den Zauberkräften zusammenhängen, die man einigen Kräutern zuschrieb. Von der Alraunwurzel wurde gesagt, sie würde stöhnen und schreien, wenn man sie ausgrübe. Wer dieses höre, würde bald sterben. So berichten alte Pflanzenbücher, die heute teilweise in Nachdrucken wieder vorliegen.
Warum Kräuter heute wieder beliebt sind, liegt auch daran, dass sie den Geschmack von einfachen Speisen und Getränken raffiniert verändern können. Im Gegensatz zum Kochsalz geben Kräuter die pikante Würze durch ihr natürliches Aroma. Außerdem enthalten einige Kräuter wertvolle Stoffe: Petersilie das Vitamin C und Sauerampfer das Eisen.
Der Trend zu natürlicher Lebensweise führt auch bei der Kosmetik zur Anwendung von Kräutern, unter anderem bei Shampoo, Gesichts- und Rasierwasser. In Büchern, Zeitschriften und Zeitungen findet man sogar Anleitungen zum Selbermachen und zum Experimentieren. Im Vergleich zu vielen anderen Pflanzen sind Kräuter kaum anfällig gegen Schädlinge und Krankheiten; sie sind deshalb auch leicht zu ziehen.
Es wird vermutet, dass die heilende Wirkung der Kräuter bei menschlichen oder tierischen Gebrechen auf der oben begründeten Widerstandskraft dieser Pflanzen beruht. Selbst wenn dieses nicht zutrifft, so haben die ständig steigenden Kosten für Arzneien, deren gefährliche Nebenwirkungen und verminderte Brauchbarkeit auch im medizinischen Bereich zu einer Rückkehr zu Heilkräutern geführt.
Wie immer Ihre Neigungen sein mögen, irgendwo – im Garten, auf der Terrasse, auf der Fensterbank – wird sich für Kräuter ein Plätzchen finden lassen. Viele Kräuter sind eine Zierde und gedeihen prächtig als Beet-Einfassung. Noch schöner wirken sie in einem nach klassischem Vorbild angelegten Kräutergarten.
Was sind Kräuter?
Unter einer Krautpflanze versteht man in der Botanik jede Pflanze, deren oberirdische Teile kaum oder gar nicht verholzen. Diese Definition trifft nicht ganz zu auf den Rosmarinstrauch oder den Lorbeerbaum.
Im Grunde kann man sagen, Kräuter sind Pflanzen, deren Bestandteile Duft- oder Aromastoffe enthalten, entweder in Blättern, Stängeln, Blüten, Früchten oder Wurzeln, die sich in der Küche, als Heil- oder Schönheitsmittel verwenden lassen.
Viele Kräuter wurden hauptsächlich für Heilzwecke angebaut, einige auch als Küchenkräuter, die heute nicht mehr als solche genutzt werden. So findet man heute Ringelblume, Rose und Veilchen nur noch als geschätzte Zierpflanze in den Gärten, während sie früher in jeder Apotheke vorrätig waren. In alten Kräuterbüchern heißt es, kandierte Blüten der Ringelblume seien ein Heilmittel bei Herzflattern. Die Damaszenerrose sei ein Allheilmittel gewesen. Aus den Blättern des Veilchens stellte man ein Desinfektionsmittel her, die Blüten und Wurzeln dienten als Abführmittel.
Geschichtliches über Kräuter
Kräuter werden seit Jahrtausenden von Menschen genutzt. Daher sind sie wohl mit vielen Geschichten, Legenden und Mythen umgeben. Wegen ihrer Heilkraft sind einige sogar mit Zauberkunst und Hexenwesen in Verbindung gebracht worden.
Manch eine Heilung mag wie ein Wunder ausgesehen haben, obwohl es dafür eine ganz einfache Erklärung gab, nachdem man die Wirkung schließlich herausgefunden hatte. Indessen spielt der Glaube eine große Rolle bei der Heilung, und Hokuspokus unterstütze die Wirkung.
Borretsch galt bei Griechen und Römern als Mutmacher. Sie tranken sich Mut an, indem sie Blätter in den Wein taten. Salbei wurde als Allheilmittel angesehen für alle Übel unter der Sonne. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Wie kann jemand sterben, der Salbei in seinem Garten hat.“ Von Petersiliensamen wurde behauptet, er würde Kahlköpfigkeit beseitigen und – vor Alkoholgenuss eingenommen – würde er einem Kater vorbeugen. Angelika, auch Engelwurz oder Brustwurz genannt, wurde bei Ritualen gegen Hexerei und Zauberei benutzt.
Die ersten Kräutersammler
Ursprünglich dienten die Pflanzen dem Menschen als Nahrung. Die Höhlenbewohner fanden allmählich heraus – manchmal mit tödlichen Folgen – was genießbar war und was nicht. Später lieferten die Pflanzen die Fasern für Stoffe und die Farben zum Färben der Stoffe. Irgendwann entdeckte ein aufmerksamer Beobachter, dass man mit dem Blau des Waids (deutscher Indigo) Wunden heilen konnte. Bald kannten die Menschen eine ganze Reihe von Pflanzen zur Schmerzlinderung und Heilung von Krankheiten. Diejenigen unter ihnen mit dem umfangreichsten Wissen wurden die ersten Naturheilkundigen oder Apotheker.
Die Römer, Druiden und schließlich die Mönchsorden brachten Ärzte hervor für die Allgemeinheit. Jeder zog seine Kräuter und Heilpflanzen in eigens dafür angelegten Gärten.
Danach wurden auch Pflanzen gezüchtet, die gleichzeitig als Medizin, Nahrung und Zierde dienten. Das Experimentieren mit Gewürzstoffen kam auf.
Mitte des 16. Jahrhunderts hatte jede gute Hausfrau einen Kräutergarten mit mindestens fünfzig verschiedenen Küchenkräutern.
Noch Anfang des 17. Jahrhunderts spielten Kräuter eine wichtige Rolle im täglichen Leben, denn sie lieferten herzstärkende Mittel, Tees, Gewürze, Duftstoffe, Kosmetika, Arzneien und Salate. Das bezeugen alten Pflanzenbücher. Die ersten entstanden in Klöstern und beruhten weitgehend auf den überlieferten Kenntnissen der Antike. Bekannt ist das Lehrgedicht „Hortulus“ des Abtes Walafried Strabo. Vertreter des hohen Mittelalters sind Hildegard von Bingen und Albertus Magnus.
Um 1350 schrieb Konrad von Megenberg das erste deutsche „Buch der Natur“. Durch den Buchdruck begünstigt, folgten rasch aufeinander die mit Abbildungen versehenen Werke von Otto Brunfels, Leonhart Fuchs und Hieronymus Bock. Im Zuge der Entdeckungsreisen kamen neue interessante Zierpflanzen nach Europa, und der Wunsch nach vornehmlichen Ziergärten verdrängte den nützlichen Kräutergarten.
Durch den wissenschaftlichen Aufschwung setzten sich chemische Arzneimittel immer stärker durch, sie konnten jedoch die Kräuter nicht völlig verdrängen. Als bewährte Hausmittel konnten sie hinübergerettet werden in das 21. Jahrhundert, wo ihre Bedeutung besonders als Heilmittel ständig wächst.
Geschichtliches über Kräutergärten
Ganz früher hat man nicht unterschieden zwischen einem Kräutergarten oder dem übrigen Garten, es war ein und dasselbe. Es waren ausschließlich Nutzgärten, deren Pflanzen als Nahrung oder Arzneimittel dienten. Erst die Römer und später die Mönche fingen an, die Gärten aufzuteilen in Zier- und Nutzgarten.
Im 5. und 6. Jahrhundert gab es in Persien und Indien schön angelegte Gärten mit duftenden und dekorativen Pflanzen.
Speziell angelegte Kräutergärten kamen erst im Mittelalter auf. Zu der Zeit begann sich langsam die Gartenkunst zu entwickeln mit abgegrenzten Gärten. Sie waren recht kunstvoll mit niedrig wachsenden Pflanzen, die ein Grundmuster bildeten, als geometrische Linie oder Gliederung, und mit farbiger Erde oder Steinen, die die Zwischenräume ausfüllten. Sie blieben unverändert bis ins 17. Jahrhundert, als in der Gartenarchitektur eine neue Richtung begann, und die Kräuter in den Küchengarten abgeschoben wurden. Seitdem bestand nur noch wissenschaftliches oder historisches Interesse an Kräutern – bis schließlich ganz allgemein ihre Bedeutung wiederentdeckt wurde.
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