Bitttage und Bittgänge
Bittgänge in der österlichen Zeit sind schon im christlichen Altertum gehalten worden.
Frühere Bittprozession
Die ältere Bittprozession (litania maior) fand stets am 25. April in Rom statt. Sie wurde wahrscheinlich schon im 4. Jahrhundert in der römischen Kirche eingeführt, um eine heidnische Flurprozession zu Ehren des Gottes Robigus (oder der Göttin Robigo) zu verdrängen bzw. zu verchristlichen. Der Termin und weitgehend auch der Weg stimmen miteinander überein.
Papst Gregor der Große (um 600) hat sich sehr um die Ausgestaltung dieser Bittprozession, die mit einer Messfeier in St. Peter schloss, bemüht.
Auf diese Prozession ist erst mit der Neuordnung des Kirchenjahres (1969) verzichtet worden, wobei der Verzicht so begründet wird, dass diese Bittprozession „in einem rein lokalen Brauch der stadtrömischen Kirche ihren Ursprung hat“ – und damit für die Gesamtkirche nicht relevant ist.
Ursprung der heutigen Bittprozession
Die jüngeren Bittprozessionen (rogationes oder litanieae minores) stammen offenbar aus Gallien, wo sie Mamertus, Bischof von Vienne (461–477 ?), im Jahr 469 einführte. Das geschah im Anschluss an Erdbeben und Feuersbrünste, die Vienne weithin verwüstet hatten.
Der Brauch wurde bald von anderen Kirchen übernommen.
Schon 511 wurden die Bittgänge für ganz Gallien vorgeschrieben und um 800 auch in Rom eingeführt.
Sie haben sich bis heute erhalten.
Brauchtum an den Bitttagen
Die Tage, an denen solche Prozessionen stattfanden, hießen bald „Bitttage“; sie hatten Bußcharakter. In Gallien waren sie mit Fasten verbunden, was allerdings Rom später nicht übernahm.
Solche Bitttage in der österlichen Festzeit wurden allerdings mancherorts als „unpassend“ empfunden. So legte Spanien seine Bitttage in die Woche nach Pfingsten (also in die erste Woche nach der Osterfestzeit).
Anliegen der Bittgänge
Der Brauch der „Bittgänge“ hat sich erhalten. In der Jahreszeit, in der die Saaten aufgehen und von vielen Krankheiten und Schädlingen bedroht sind, hat sich das gläubige Volk bittend an den Herrn der Schöpfung, den Herrn allen Lebens, gewandt.
Es ist theologisch wohl auch der Gedanke prägend gewesen, dem in der Himmelfahrt von uns gehenden Herrn alle Bitten und Sehnsüchte der Christen mitzugeben, dass er sie vor den Vater trage.
Bei den Prozessionen wurde gelegentlich das Allerheiligste mitgeführt. Auch die Statuen vieler Heiliger gehörten lange zum Bild solcher Bittgänge.
Die Umritte (z. B. der Heilig-Blut-Ritt in Weingarten am Freitag nach Christi Himmelfahrt), die in dieser Zeit stattfinden, sind meist sekundär mit dem Fest verbunden worden. Allerdings war der „Schauerfreitag“ vor allem in Bayern sehr beliebt. Nach J. Schlicht brachte er „im Altbayernlande das größte und stärkste Volksbeten vom ganzen Jahr“.
Bittgänge in der heutigen Zeit
Die Bittgänge sind bis heute beliebt. Sie führen durch die Fluren zu Kapellen oder zu den Kirchen der Nachbargemeinden; oft werden sie auch innerhalb des Dorfes oder Stadtteils gehalten.
Die neue liturgische Grundordnung von 1969 (Nr. 45) sagt dazu: „An den Bitt- und Quatembertagen betet die Kirche für mannigfache menschliche Anliegen, besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen; auch eignen sich die Tage für den öffentlichen Dank“. Selbst wenn sich ein christlicher Landwirt bemüht, sein Feld im Maße des Möglichen und Vertretbaren zu düngen, weiß er auch, dass alles Wachsen und Gedeihen letzten Endes von Gott abhängen und dass er für das keineswegs Selbstverständliche – Aussaat und Ernte, wie auch alles andere im Leben – zu danken hat. Und es ist gut, sich gerade in den Tagen üppiger Fülle daran zu erinnern.
Aber Bitte und Dank greifen an diesen Tagen – wie die „Grundordnung“ sagt – weiter aus auf alles menschliche Schaffen, für das wir den Segen Gottes erflehen und für das wir danken. Die Gebete und Lieder sollten diese Anliegen aufgreifen.
Eine einseitige Betonung marianischer Gebets- und Liedmotive entspricht nicht der Theologie solcher Bittgänge.
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