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Jahreslosung 2022
Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
(Johannes 6,37)
Auslegung von Pfarrer Wolfgang Weik zum Jahreslosungsbild 2022 der Künstlerin Ute Wengenroth
Gebet
Gott, für viele von uns sind anstrengende Monate zu Ende gegangen: Die Corona-Pandemie, das Leid derer, die alleine waren während der Krankheit oder auch im Sterben.Bildmeditation
Der Leuchtturm
Ich sehe eine offene Türe in einem Leuchtturm. Die Flügel nach innen geöffnet. Die beiden Flügel stehen nicht sperrangelweit auf, aber so, dass man gut hineingehen kann. Das Innere erscheint hell.
Der Leuchtturm ist zweigeschossig. Die Spitze, ein Kuppeldach, erinnert sofort an einen Kirchturm, zumal auf der Spitze ein Knauf angebracht ist, der in den Himmel ragt.
Die obere Hälfte des Kirchturms ist in gelbes Licht gehüllt. Ein Kreuz ist erkennbar, das deutlich in den Himmel weist.
Der Turm steht im blauen Meer, das an die Weltkugel erinnert. Vor dem Turm liegen zwei kleine Papierboote. Sie sind leer.
Gehören sie zu dem Leuchtturm oder haben sie Gäste gebracht?
Das Bild wirkt friedlich auf mich, der Leuchtturm aber eher wie ein Spielball auf dem Meer. Sowohl er als auch die beiden Boote könnten Sturm und Unwetter in keinster Weise standhalten.
Im Jahr 2021 haben wir verheerende Erfahrungen gemacht mit Wasser und der Macht der Natur. Gebäude, Brücken die eigentlich ein gutes Fundament zu haben schienen und auch jahrelang gehalten haben, wurden weggeschwemmt und zerstört. Menschen verloren ihre Existenz und ihr Leben. Viele haben Traumatisches erlebt. Viele Kinder, die schon durch die Pandemie gezeichnet waren, sind traumatisiert und benötigen langjährige Unterstützung und Begleitung. Werden sie diese Erfahrungen jemals in ihrem Leben bewältigen können?
Das offene Tor des Leuchtturms erinnert mich an offene Kirchentüren. Die Corona Pandemie hat viele Krisen-und Problempunkte verstärkt. Wir alle nehmen wahr, dass viele Menschen schon lange keinen inneren Zugang zu unseren Kirchen und Gotteshäusern haben. Jetzt in der Pandemie ist dies massiv verstärkt worden. Der Gottesdienstbesuch ist deutlich zurückgegangen. Während im Bild der Künstlerin die offene Tür des Turms eine Einladung ist, sind die offenen Kirchentüren sonntags bestürzend, da kaum jemand hindurchgeht.
Die Pandemie, die Unwetterkatastrophe im Juli, die Klimaerwärmung, die vielen Krisenherde in der Welt zeigen uns Menschen, wie zerbrechlich unser Leben, unsere Welt ist. Letztendlich sind wir trotz unseres Wissens und unserer Erfahrung vielen Dingen machtlos ausgeliefert. Und wir wissen, dass wir für viele Dinge, die geschehen, ein erhebliches Maß an Mitverantwortung tragen.
Das Kreuz
Das gelbe Kreuz auf unserem Bild weist eindeutig in und auf den Himmel. Proportional ist das Kreuz so groß wie die Weltkugel. Es spricht die Einladung, vielleicht auch die Einsicht, aus: Es gibt mehr als nur das, was wir Menschen auf dieser Erde wahrnehmen. Es gibt eine andere Dimension. Die Menschheit braucht sich nicht an sich alleine zu klammern. Es gibt sie, die Kraft, der wir uns verdanken, es gibt sie, die Gottes- und Geistkraft, die stärker ist als wir. Wir Menschen haben nicht alles in der Hand und brauchen es auch nicht.
Die Boote
Die beiden Boote auf dem Bild scheinen proportional größer als der Leuchtturm. Er ist vielleicht doch noch sehr weit weg. Ein weiter Weg ist es, den wir Menschen zurücklegen müssen, um diesen Leuchtturm zu erreichen.
Wenn man alleine in so einem Bötchen sitzt, dann kann man sich schon klein fühlen, vielleicht auch Angst haben. Wird das Boot nicht untergehen oder vom Meer verschlungen, wird man ankommen oder eventuell das Ziel, den Leuchtturm, verfehlen?
Aber ist das nicht ganz konkret unsere menschliche Situation? Muss sich nicht jede und jeder diese Fragen stellen? Was ist das Ziel meines Lebens, werde ich es erkennen und dann anlaufen können?
Werde ich auf dem Weg, der Fahrt dorthin, bestehen oder vielleicht untergehen? Werde ich es im ersten Anlauf schaffen oder brauche ich mehrere? Und: bin ich wirklich so alleine, wie es die beiden leeren Boote suggerieren, oder sind vielleicht doch noch andere Personen auf dem Boot?
Diese Gedanken machen demütig. Der Mensch hat nicht alles in der Hand und wird niemals alles in der Hand haben. Der Mensch, der sich nur auf sich verlässt, auf seine Stärke, auf seine Intelligenz, auf sein Wissen und auf seine Macht, seine Gesundheit, sein Geld und seinen Besitz kann erleben, wie alles in sich zusammenfällt. Diese Einsicht bewirkt und hat deutliche Konsequenzen für das menschliche Handeln.
Wenn ich um meine Grenzen weiß, dann gehe ich achtsamer um mit mir und dieser Welt. Dann weiß, ich, dass alles, was ich tue und denke und beschließe, Grenzen haben kann, dass mir Fehler unterlaufen, dass es keine absoluten Sicherheiten gibt. Dann übernehme ich nach wie vor Verantwortung, plane und gestalte, weiß aber um meine Endlichkeit und Begrenztheit.
Noch einmal zu dem Bild
Der Leuchtturm mündet in dieses gelbe Kreuz. Für mich ist es das Zeichen für Jesus Christus. Die Jahreslosung stammt aus dem Johannesevangelium. Im Johannesevangelium wird in der Kreuzestheologie der Weg Jesu an das Kreuz als etwas ganz Besonderes verstanden. Im Tod am Kreuz und der damit einhergehenden Auferstehung schafft Gott Leben. Gott hat Jesus in diese Welt gesandt, damit er seinen Weg bis ans Ziel geht. Das Ziel ist das Kreuz. Damit sind aber nicht das Ende und der Tod, sondern die Auferstehung und das Leben gemeint.
So ist dieses gelbe Kreuz, das in den Himmel weist, ein Wort gegen die Angst und Verzweiflung. Ist ein Ausrufezeichen, zeigt eine Perspektive, will Hoffnung spenden und Zuversicht.
Wie kann man nun diese theologische Glaubensaussage für uns heute lebendig werden lassen? Meine Antwort ist ganz eindeutig. Ich möchte mich auf diese andere Dimension einlassen. Für mich spielt sie eine große Rolle. In aller Not und Bedrängnis, in aller Verwirrung und Unsicherheit darf ich mich der Glaubenserfahrung der Geschwister, die vor mir gelebt, bekannt, gezweifelt und gehofft haben, anschließen. Der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard spricht vom Sprung. „Den Sprung in den Glauben kann mir niemand abnehmen“.
Zu einem solchen Sprung möchte ich ermutigen. Es gehört Mut dazu, in ein kleines Boot zu steigen, es gehört Mut dazu, einen Leuchtturm anzupeilen, der im riesigen Ozean ein winziger Punkt ist. Es gehört Mut dazu, an Liebe und Gerechtigkeit zu glauben, aber dieser Mut wird belohnt: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Der Autor: Wolfgang Weik
Vita – Mit dem Herzen im Himmel, mit den Füßen auf der Erde
Jahrgang: 1956
Studium: Theologie und Pädagogik in Hamburg
Pfarrer der EKHN:
Pfarrer in der Kirchengemeinde Wirges (1991 bis 2003),
Pfarrer in der Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen (2003 bis 2011),
Dekan des Dekanats Selters (2011 bis 2017),
Pfarrer in Ransbach-Baumbach-Hilgert (ab 01.08.2018)
Schwerpunkte: Mission und Ökumene, Partnerschaftsarbeit, Diakonie, Willkommenskultur, geistliches Leben und Spiritualität im Alltag.
Exegetische Überlegungen
Die Jahreslosung steht in direktem Zusammenhang mit den „Ich bin Worten“ des Johannesevangeliums.
Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten, Joh. 6,35.
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit, Joh. 6,51.
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben, Joh. 8,12.
Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden, Joh. 10,9.
Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt, Joh. 11,25.
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, Joh. 14,6.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, Joh. 15,5.
Im ersten Augenblick scheint es nahliegend zu sein, auf die Objekte zu schauen, also das Brot, das Licht, die Tür, die Auferstehung und das Leben, den Weg und die Wahrheit oder den Weinstock. Aber das Besondere ist das ich bin. Im Griechischen wird die Person normalerweise durch das Verb deutlich. In diesen Worten heißt es aber ganz deutlich: Ich bin.
Und dies erinnert an die Geschichte vom brennenden Dornbusch. Mose hütet die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro. Da bemerkt er einen Dornbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Als er näher tritt, hört er eine Stimme aus dem Dornbusch zu: „Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.“ (Ex 3,5). Gleich darauf offenbart sich der Rufende als der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Mose erhält einen Auftrag, soll zum Pharao gehen, um das Volk Israel aus Ägypten herauszuführen. Mose verhandelt mit Gott und fragt ihn am Ende auch nach seinem Namen: „Jahwe – Ich bin, der ich bin.“ Gott ist also da, er zeigt sich immer dort, wo und wie er gebraucht wird. „Ich bin, der ich sein werde, ich bin, der ich bin.“
So ist der Name Gottes das Bekenntnis, dass die Menschen nicht allein gelassen werden, dass Gott an Ihrer Seite steht. So, wie der Dornbusch ununterbrochen brennt aber nicht verbrennt, so werden auch die unterdrückten Israeliten die Not der Sklaverei bestehen mit Gott an ihrer Seite und eine Zukunft haben. Mit Gott an ihrer Seite erhalten sie das, was sie brauchen: Brot, Licht, ein Tor (in die Freiheit), Auferstehung, Weg und Wein.
An diese existentielle alttestamentliche Botschaft knüpft das Johannesevangelium an. Indem Jesus sagt: „ich bin“, nimmt er den Namen Gottes für sich in Anspruch. Dies konnten seine Zeitgenossen nicht ertragen, hielten es für Gotteslästerung.
Aber genau das ist die Intention des Johannesevangeliums. Die Menschen sollen erkennen, dass Jesus Gott ist, der vom Himmel gekommen und Mensch geworden ist. Mit Bezug auf die Schöpfungsgeschichte leitet er sein Evangelium ein. Schon von Ewigkeit, schon vor der Schöpfung, war das Wort, das Gott war, war schon der Sohn, durch den alles geschaffen wurde. Das Wort, der Sohn, ist in Jesus Mensch geworden.
Und nun noch einmal die Verse im Zusammenhang mit der Jahreslosung:
37Alle, die mein Vater mir gibt, werden zu mir kommen, und niemand, der zu mir kommt, wird von mir abgewiesen.
38Ich bin vom Himmel gekommen, nicht um zu tun, was ich will, sondern um zu tun, was der will, der mich gesandt hat.
39Und er will von mir, dass ich niemand von denen verliere, die er mir gegeben hat. Vielmehr soll ich sie alle am letzten Tag zum Leben erwecken.
40Mein Vater will, dass alle, die den Sohn sehen und sich an ihn halten, ewig leben. Ich werde sie am letzten Tag vom Tod auferwecken.
So wird in diesen Worten im Zusammenhang mit den „Ich bin“-Worten deutlich: Die, die sich auf Jesus einlassen, erfahren Gott und haben somit Anteil am Brot, der Wahrheit und dem Leben.
Gott spricht das Angebot, die Einladung an alle Menschen aus. Und er wird dieses Angebot nicht zurücknehmen.
Mit diesen Worten macht der Evangelist all denen Mut, die verzweifelt sind, auf der Suche sind, die um Orientierung ringen. Aber er mutet ihnen zu, dass sie es ernst meinen und sich als Christinnen und Christen, also Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu auf den Weg machen.
Besinnung – Predigtelemente
A
Eine sehr nette Frau hat uns geholfen. Unsere Tante musste ins Krankenhaus. Wir wohnen 240 Kilometer entfernt. Die alte Dame schaute nach den Blumen und der Post.
Als wir die Tante besuchen und dann im Haus nach dem Rechten sehen und uns bedanken wollen, klingeln wir bei der alten Dame und haben den Eindruck, dass sie durch den Spion schaut. Auf alle Fälle lässt sie uns nicht herein. Die Tür bleibt zu. Das ist keineswegs böse gemeint, aber sie fühlt sich nicht gut und kommt gerade aus dem Bett. So möchte sie sich der Öffentlichkeit nicht zeigen. Wir sind schon ein wenig befremdet, aber dennoch dankbar für ihre Hilfe.
Das Telefon klingelt, die Mitarbeiterin sagt mir leise: Du, Frau A möchte Dich sprechen. Ich antworte: Ich bin nicht da, sage doch bitte: Er ist gerade weggegangen.
In der Stadt halten Menschen die Hand auf und bitten um eine Spende. Ich wende mich ab und gehe weiter.
Drei Beispiele, an denen wir, an denen ich Türen nicht geöffnet oder Menschen abgewiesen habe oder selbst abgewiesen wurde.
Wir Menschen haben Grenzen. Wir schließen Türen und finden verschlossene Türen vor. Ist das nicht eine wunderbar leicht geöffnete Tür, dass ich glauben darf, dass es für jede und jeden eine offene Tür, einen Spalt gibt?
B
Die Flutkatastrophe im Jahr 2021. Über 170 Tote, Hunderte von Menschen, die alles verloren haben. Die Schäden gehen in Milliardenhöhe.
Und wir suchen Schuldige, nennen Ursachen, aber verschließen die Augen davor, dass unser aller Lebensstil Konsequenzen hat.
Die Corona-Pandemie hat der Bevölkerung viel abverlangt. Viele unglaubliche Erfahrungen haben Menschen gemacht, wenn für sie eingekauft wurde, wenn sie Post erhielten, wenn ein Nachbar Essen vor die Türe stellte, wenn sie spüren durften, dass andere an sie gedacht haben.
Wir sehen, dass unsere Welt, dass unser Leben bedroht ist, dass uns Grenzen gesetzt sind, wir niemals alles in der Hand haben.
Mir macht die Jahreslosung Mut. Sie lässt mich ahnen, dass es doch noch Hilfe gibt, ein Gegenüber, das mich nicht abweisen wird. So wie ich als Kind an der Hand der Eltern Geborgenheit erfahren durfte ist auch jetzt jemand da, dessen Türen offen sind.
Vor 50 Jahren, im Jahr 1972 warnte der Club of rome davor, wenn die Menschheit nicht umsteuert, führt das in eine globale Krise und führte uns Bilder vor Augen, die nahezu exakt mit dem übereinstimmten, was wir im Sommer erlebt haben. Und doch sprachen die Wissenschaftler davon, dass es noch nicht zu spät sei, sozusagen kurz vor 12. Und auch heute möchte ich noch daran glauben, dass diese Welt noch eine Chance hat, dass unsere Welt, wenn wir wirklich umdenken, noch nicht verloren ist.
C
Unsere Kirchen stecken in einer tiefen Krise. Unserer Gotteshäuser, die werktags häufig verschlossen sind, sind sonntags geöffnet, aber stehen leer. Wir stellen strukturelle Überlegungen an, fusionieren, verkaufen Gebäude und erreichen letztendlich die Menschen immer weniger. Auch wenn diese strukturellen Veränderungen notwendig sind, sie führen nicht zu vollen Kirchenbänken.
Als Christinnen und Christen dürfen wir unsere Grenzen anerkennen, uns in unserer Schwachheit an Gott wenden und uns zurufen lassen:
„Wenn alles zu Ende geht – ich weise dich nicht ab.“
„Wenn Du dich verlassen fühlst – ich bin da.“
„Wenn Du einen Weg suchst – ich bin der Weg.“
„Wenn Du hungerst und frierst – ich bin das Brot.“
„Wenn es dunkel um dich ist – ich bin das Licht der Welt!“
Die Auslegung können Sie als PDF-Datei herunterladen:
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Weiterführende Links:
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› Geschenke und mehr mit dem Jahreslosungsmotiv
› Die Losungen für jeden Tag
Literaturhinweise
- www.logo-buch.de
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