Ein besonderes Camp-Tagebuch
Ein persönlicher Rückblick von Hanna Müller auf das Musical-Camp in Berlin. Intensive Erlebnisse aus der Sicht einer Theaterleiterin.
Vier Wochen vor dem Camp
Gerade war der Vorbereitungstag, jetzt muss ich mich langsam nach der passenden Besetzung für die Hauptrolle umgucken. Es ist gar nicht so leicht, vorher einzuschätzen, wer dafür geeignet sein könnte.
Zehn Tage vor dem Camp
Heute habe ich mich mit meiner Probe-Mitarbeiterin getroffen, die mit mir eine Kleingruppe leiten wird. War voll gut. Ich freu mich immer mehr aufs Camp und will ab heute jeden Tag für unsere Mädels beten.
Drei Tage vor dem Camp
Krass, nur noch drei Tage bis es losgeht und ich muss noch so viel machen: Kleingruppen vorbereiten, Texte für die Schauspieler kopieren, Probenplan erstellen … Ich freu mich so auf die Kleingruppe! Hab das Gefühl, dass mein Gebet meine Einstellung zu den Mädels jetzt schon positiv prägt.
Samstag: Camp-Start
Der Tag heute war noch ganz entspannt. Die Schule, in der unser Probecamp stattfindet, ist komfortabler als gedacht und mein Theaterraum ist richtig groß. Wir haben alle Räume bereit gemacht, letzte Vorbereitungen und Absprachen getroffen. Wir sind ein tolles Team und ich glaube, das kann richtig cool werden. Trotzdem fällt es mir noch ein bisschen schwer, im Team anzukommen. Ein paar Mitarbeiter kenne ich schon richtig gut und andere noch gar nicht. Diese Mischung macht es mir nicht leicht, offen für die Unbekannten zu sein.
Sonntag
Die erste Kleingruppe war echt cool. Wir sind mit zehn Mädels und zwei Mitarbeiterinnen zwar eine große Gruppe, aber die Hälfte kenn ich schon und sie sich untereinander auch. Deshalb kann es trotzdem persönlich werden. Ich hab mich sehr gefreut, wie offen und ehrlich die Mädels heute schon waren. Vor allem als es darum ging, wo sie von Gott enttäuscht sind und was sie sich von ihm wünschen.
Montag
Heute hieß es proben, proben, proben. Ich habe fitte Theaterhelfer, so dass wir immer drei Szenen parallel proben konnten. Ich mag den Montag im Camp, wenn man die Schauspieler zum ersten Mal in ihrer Rolle sieht und erlebt. Manche haben auf Anhieb einen super Ausdruck und spielen toll, anderen muss man erstmal erklären, in welcher Situation und Gefühlslage sie sich in ihrer Rolle befinden. Es macht Spaß, die Teens herauszufordern, aus sich rauszugehen. Die Probe am Nachmittag mit dem Chor hätte besser laufen können. In der Kleingruppe hatten wir gute Gespräche. Ein Mädchen hat mir am Ende ihr Herz ausgeschüttet und erzählt, was bei ihr zu Hause los ist. Das hat mich ziemlich umgehauen. Ich durfte heute Abend im Lobpreis-Team mitsingen, das war für mich eine wertvolle und intensive Zeit. Nach dem Input wollten wir noch mal drei, vier Lieder singen und der Lobpreisleiter meinte, es stehe mir frei, ob ich nochmal mitsingen will. Ich wollte gerne, aber ich wusste, dass ich besser für Gespräche mit den Teens zur Verfügung stehen sollte. Und dann kamen auch nacheinander drei Teens auf mich zu. Wir hatten gute Gespräche und ich durfte für sie beten. Ich bin so dankbar für diesen Abend.
Dienstag
Bis eben stand ich mit zwei anderen Mitarbeiterinnen in der Küche und habe den Schokobrunnen sauber gemacht. De n gab’s heute Abend als Überraschung für unser Team von unserem Hauptleiter. Echt lieb nach so einem langen und anstrengenden Tag! Gleich morgens ging es mit der ersten Hauptprobe los. Wir mussten ständig unterbrechen, weil irgendwas noch nicht geklappt hat. Das ist zwar normal für die erste Probe, aber trotzdem nervig. Es hat mich auch geärgert, dass das mit den Requisiten nicht gut lief. Die zweite Probe war schon deutlich besser. Aber da ist noch viel Platz nach oben. Am Abend gab es nach dem Input eine Zeit, in der die Teens erzählen konnten, wie sie Gott erlebt haben. Dass in der ganzen Gruppe so eine offene und wertschätzende Atmosphäre herrscht, hat mich sehr bewegt. Danach hätte ich gut und gerne schlafen gehen können. Aber der Tag war noch nicht vorbei. Erst kam noch der Team-Tagesrückblick mit Schokobrunnen und Käse-Nachos und anschließend der Abbau und das Verladen aller Requisiten und Kostüme. Darauf hatte ich gar keine Lust, aber unser Hauptleiter stand mir mit seiner Hilfe und seinen dummen Witzen und Sprüchen zur Seite.
Mittwoch
Krass! Schon ist das Probecamp vorbei und die Tournee geht los. Die Kirche, in der heute unser erstes Konzert war, kannte ich schon von den letzten zwei Camps, das hat es beim Aufbau leichter gemacht. Bei der Generalprobe war ich noch skeptisch, wie das Konzert werden würde. Es war aber echt gut. Hinter der Bühne war die Stimmung konzentriert und angespannt. Ich ermutige die Teens gerne und mag es auch, mal Quatsch zu machen, aber die meisten waren so aufgeregt und auf ihre Rolle konzentriert, dass ich gar nicht an sie ran kam. Nach dem Konzert war der Jubel dafür umso größer. Die Teens sind ab in ihre Gastfamilien und wir Mitarbeiter plus Technikteam haben noch alles abgebaut. Cool, dass wir Mitarbeiter heute alle in einem Quartier sind. Es ist schön, den Abend nach dem ersten Konzert noch zusammen zu verbringen. Und megawitzig, weil alle ein bisschen durch sind.
Donnerstag
Ich bin soo fertig heute! Ich brauche nicht viel Schlaf, aber drei bis vier Stunden mehrere Nächte lang ist dann doch etwas wenig. War zwar schön gestern, aber einfach echt zu lang. Das ist der Nachteil, wenn alle zusammen übernachten. Nach einer Andacht und Besprechung im Team sind die Teens zum Morgenthema eingetrudelt. Anschließend wurden sie mit zwei Bussen zum zweiten Konzertort gebracht. Ich hatte das Gefühl, die Menschen hier haben nicht viel Hoffnung und sind allem skeptisch gegenüber. Das hat unsere Gastmutter später auch bestätigt. Die Bedingungen in der „Halle“ waren abenteuerlich. Mein Backstage-Bereich war im Flur und Speisesaal, wo wir vor dem Konzert noch gegessen haben. Ich mag solche Konzertorte, wen es uns herausfordert, dort zu spielen und zu singen, wo die Zuschauer noch nie etwas von Adonia gehört haben und oft umso begeisterter sind. Das Konzert war den Umständen entsprechend gut. Tolle Stimmung!
Freitag
Im Morgenthema ging es heute um „Gott vertrauen“. Das hat viele angesprochen. Mir sind auch ein paar Punkte hängen geblieben. Die Halle, in der unser drittes Konzert stattfinden sollte, war echt groß. Ich habe mich zwar aufs Konzert gefreut, war aber unmotiviert aufzubauen. Irgendwie war die Luft raus. Dazu kamen Spannungen im Team. Ich hatte das Gefühl, dass die Motivation und das Gruppengefühl ein bisschen verloren gegangen waren. Später habe ich mit einer Mitarbeiterin und dem Hauptleiter über die Spannungen im Team und die Stimmung im Chor geredet. Das wurde dann auch im Chor angesprochen: dass wir nicht den Fokus verlieren wollen und warum wir das alles machen. Wir hatten anschließend eine gute Gebetszeit und dann ein super Konzert! Eine Zuschauerin kam begeistert zu mir und meinte, sie sei extra eine Stunde gefahren, um das Konzert zu hören. Sie hat sich bedankt, dass wir so eine wertvolle Arbeit machen. Es hat mich echt gefreut, dass wir für die Menschen hier ein Segen sein können.
Samstag
Schon der letzte Tag! Nach guten Gesprächen auf der Fahrt kamen wir früher als geplant am letzten Konzertort an. Noch ein letztes Mal alles ausladen und aufbauen. Nach Theatertreff und Chorsoundcheck hatten wir noch einmal Kleingruppe. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen, in der wir auch füreinander gebetet haben. Nach dem Abendessen war die Zeit für den Camp-Abschluss gekommen. Ein bisschen traurig war ich schon. Aber es war so schön und bewegend, was die Teens miteinander und mit Gott erlebt haben in dieser Woche. Ich habe gemerkt, wie Dankbarkeit und Freude mein Herz füllen: Freude über Gott, über die Teens und das tolle Team, Vorfreude aufs letzte Konzert, Dankbarkeit für die geniale Woche, all die Geschenke, die Gott uns gemacht hat, und die Gewissheit, dass er auch nach dem Camp bei jedem Einzelne sein wird.
Das letzte Konzert war der HAMMER! Die Stimmung hinter der Bühne war ausgelassen und fröhlich. Eins der Highlights für die Teens war, dass der Hauptleiter am Ende zur Ansage als Minion verkleidet auf die Bühne kam. Die Abschiedsrunde direkt nach dem Konzert kam irgendwie sehr plötzlich. Auf einmal war’s vorbei. Danach noch ein letztes Mal abbauen. Diesmal besonders ordentlich fürs nächste Camp. Wir als Mitarbeiterteam haben dann nochmal in den Gemeinderäumen am Konzertort übernachtet. So hatten wir Zeit, noch eine Abschlussrunde zu machen.
Sonntag
Heute konnten wir alle etwas länger schlafen. Wir haben ausgedehnt gefrühstückt und gemeinsam die Woche reflektiert. Dabei fand ich vor allem die Frage schön, in welchen Punkten meine Beziehung zu Gott gestärkt wurde. Mir wurde neu bewusst, welche Kraft und Auswirkung das Gebet hat. Und ich wurde neu ermutigt, mein Vertrauen auf Gott zu setzten. Es ist genial zu erleben, dass ich nicht nur investiere und mich für die Teens einsetze, sondern dass wir als Mitarbeiter selbst auch persönlich wachsen durften. Der Abschied fiel mir nicht leicht, weil ich mit ein paar der Mitarbeiter schon vor dem Camp gut befreundet war. Da ist es nach so einer intensiven Woche schwer, einfach „Tschüss“ zu sagen. Insgesamt bin ich sehr dankbar für diese geniale Woche!
Hanna Müller (24) studiert Rehabilitationspädagogik in Berlin. Sie war als Kind und Teen selbst Teilnehmerin bei Adonia.
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