Die „Nutztiere“ und die Obstbäume hatten für die Bauern eine besondere Bedeutung. Der Bauer war auf Gedeih und Verderb auf sie angewiesen. So verstehen wir, dass auch die Tiere und Bäume in das weihnachtliche Brauchtum einbezogen wurden.
Die Tiere
Das Vieh bekam am Heiligen Abend ein besonders leckeres und reichliches Fressen. Es durfte von aller Fruchtart kosten (Böhmen) oder bekam ein G’leck (Böhmen, Oberpfalz) aus Hafer, Kleie und Salz, oft vermengt mit Stücken von Äpfeln, Nüssen und Semmeln. Gelegentlich wurden die Reste des Weihnachtsessens an das Vieh verfüttert. In Böhmen, in der Grafschaft Glatz und nicht zuletzt in Westfalen hat man in der Christnacht den Tieren das Evangelium der Christgeburt vorgelesen oder ihnen doch die Geburt Christi angesagt. Im Erzgebirge stellte man vor die Krippe der Tiere ein Kerzenlicht. In Mecklenburg deckte man am Weihnachtsabend einen besonderen Tisch (im Stall), stellte ein Licht darauf und ungebundenen Hafer, der dann an die Tiere verfüttert wurde.
Die Reste des Weihnachtsessens wurden allerdings hauptsächlich an die Wurzeln der Obstbäume geschüttet, „damit auch sie Weihnachten haben und damit sie gut tragen“. Man sprach mit den Bäumen, forderte sie auf, Gäste im Haus zu sein oder sagte auch ihnen die Geburt des Herrn an (Holstein). Kriss berichtet für das Berchtesgadener Land vom „Impwekken“: In der Heiligen Nacht wurden die Bienenkörbe und – kästen mit Weihrauch beräuchert, wobei der Bauer sprach: „Auf, auf, in Gott’s Nam/helft`s wiederum z`samm,/bringts’s der Kirch a Wachs/ und uns an Hönig,/an guaten, und net z’wenig.“
Nach der Mette gingen Bauer und Bäuerin mit Knecht und „Dirn“ mitunter zu jedem einzelnen Obstbaum, klopften dreimal mit einem Stecken an den Stamm und sprachen dazu: „Bam, Bam, wach auf, setz‘ deine Blüahei auf! Trag recht vui Äpfi oder Birn, net grad für’n Bauer, aa für die Dirn.“
Die Pflanzen
Über ganz Deutschland sind Erzählungen verbreitet, nach denen in der Heiligen Nacht Obstbäume und Blumen wunderbar blühen. Schon um 1200 soll ein Knecht der heiligen Hedwig von Schlesien am Weihnachtstag gemeldet haben, im Garten stehe ein Kirschbaum in voller Blüte. Eine der schönsten dieser Erzählungen aus dem Trierer Land erzählt von einem Klosterbruder, der in der Heiligen Nacht im verschneiten Wald eine blühende Rose fand, die er mit der Wurzel ausgrub und – in eine Topf gepflanzt – vor dem Muttergottesaltar der Klosterkirche aufstellte. So soll eines der schönsten Weihnachtslieder entstanden sein, das wir zum ersten Mal in einem Speyrer Gesangbuch von 1599 finden: „Es ist ein Ros entsprungen/aus einer Wurzel zart ….“
Aus dem Nürnberger Gebiet ist seit 1430 eine Sage überliefert, nach der ein Baum in der Heiligen Nacht plötzlich Äpfel hervorbrachte. Dass solche Sagen nicht immer idyllischen Charakter hatten, zeigt ein kurzer Hinweis von 1426: „Es blüheten in Bayern (in der Christnacht) fruchtbare Bäume, darauf erfolgte ein starker Sterb.“
Nach uralten Sagen verwandelt sich in der Heiligen Nacht das Wasser in Wein, und die Tiere können reden.
Ein Weihnachtsfest für Tiere, die sogenannte „Lüttenweihnacht“ richteten im alten Pommern (vor allem auf der Insel Rügen) die Kinder aus. Der Brauch erhielt sich lange, auch wenn er von den Erwachsenen nicht immer gern gesehen wurde.
Von den erwähnten Bräuchen hat sich wenig erhalten. Die wachsende Verantwortung für die Schöpfung hat aber neue Bräuche entstehen lassen oder alte wieder belebt. So bekommen die Haustiere zur Weihnacht besonders gutes und reichliches Futter (Katzen, Hunde, Sittiche … erhalten gelegentlich auch etwas Spielzeug). Für Jäger ist es selbstverständlich zum Fest die Fütterungen des Wildes besonders reich zu beschicken.
In Oberbayern, Österreich, Teilen der Oberpfalz … geht der Bauer vor allem am Heiligen Abend durch das Haus und die Ställe, besprengt die Tiere mit Weihwasser und beräuchert sie mit Weihrauch, während die übrigen Hausgenossen in der Stube für Familie, Haus und Hof beten.
In einigen Gemeinden beider großen Konfessionen werden zur Weihnacht gelegentlich Gottesdienste gehalten, zu denen die Kinder ihre Lieblingstiere mitbringen dürfen. Wenn die Grenzen, welche eine Liturgie setzt, beachtet werden, können solche Bräuche Zukunft haben.
Die Elemente
„Opfer“ an die Elemente sind kaum noch gebräuchlich. Aber es wäre schon sinnvoll, an solch heiligen Tagen etwas Salz oder etwas Honig ins Wasser zu geben oder einen Trank (Wein) ins Feuer. Solche oder ähnliche Bräuche könnten uns daran erinnern, wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir klares, reines Wasser haben; wie wenig selbstverständlich, dass es Jahr um Jahr wieder den Frühling gibt, die lebensspendende Sonne und das Feuer; oder eben eine Luft, die wir noch atmen können. Unsere Generation hat vielleicht gelernt, Wasser, Luft, Feuer…. als Geschenke anzunehmen, die wir zu verdanken haben. Theologisch bleibt die Aufgabe, die kosmische Bedeutung der Weihnacht (neu) zu entdecken. Die ganze Schöpfung „wartet ja sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Auch die (außermenschliche) Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm. 8, 19 ff). Aus solchem Wissen könnte neues Brauchtum geboren werden.
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