Weihnachtstraditionen verschiedener Länder
Österreich: Mit einem Ganserl
Für die Österreicher gibt es keinen Zweifel: Sie sind die „Erfinder“ des Weihnachtsfestes. Schließlich wird in der ganzen Welt ihr Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ als die Hymne zur Geburt Christi gesungen. Geschrieben vom Geistlichen Joseph Mohr, vertont vom Lehrer Franz Xaver Gruber, erklang es zum ersten Mal 1818.
Das traditionelle Essen am Heiligen Abend ist gebackener Karpfen mit Erdäpfelsalat (Kartoffelsalat). Nach dem Mahl läutet das „Christkind“ ein Glöckchen. Unter dem geschmückten Baum liegen die Geschenke. Die „Renner“ sind Textilien, Sportausrüstungen, Schmuck, Spielzeug und Kosmetika.
Der Heilige Abend ist ein Familienfest. Und alle singen bei Kerzenschein das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“. Dann geht man in die Christmette. Am ersten Feiertag kommen Gäste zum Mittagessen, bei dem es ein knuspriges Ganserl (Gans) gibt. Am zweiten Feiertag macht man einen Spaziergang und geht häufig auswärts essen. Doch Gewohnheiten ändern sich: Immer mehr Österreicher verbringen Weihnachts- und Neujahrstage beim Skifahren.
Russland: Fasten vor dem Fest
Zwei Zeitrechnungen hat Russland: die allgemein gültige europäische, und die der orthodoxen Kirche. Dieser Kalender hinkt unserem zwei Wochen hinterher. Daher gedenken die Russen erst am 7. Januar der Geburt Jesu. Das größte Familien-Fest wird am Jahresanfang gefeiert und war einst von den Kommunisten als Ersatz für das verpönte Weihnachten gedacht. Zuerst wird der beliebte „Hauptstadtsalat“ aus Kartoffeln, Eiern, Salat, Gurken, Hühnerfleisch und Mayonnaise serviert. Dazu werden kalte Vorspeisen, die „sakuski“ gereicht. Das alte Jahr verabschieden die Russen um 11 Uhr mit Sekt. Um 12 Uhr, wenn die Glocken des Kreml erklingen, tauschen Männer und Frauen Glückwünsche und Geschenke aus.
Für strenge Orthodoxe gilt es den Gürtel enger zu schnallen: Vierzig Tage vor ihrem Fest am 7. Januar, beginnt das „Philippi“ oder Weihnachtsfasten. In Kochbüchern aus der Zarenzeit werden für Heiligabend Fastenspeisen vorgeschlagen: Teigtaschen gefüllt mit Aalquappe, Fischpastete, gebratenen Stör und Gelee aus Trockenfrüchten. Am ersten Weihnachtstag ging man zur Sache: Spanferkel in Aspik, mit Käse belegtes und im Ofen gebackenes Brot, Gans mit Äpfeln und Fruchtgelee. Heute können sich nicht mehr viele so ein Mahl leisten.
Großbritannien: Pappe und Pudding
Woran erkennt der Brite, dass es weihnachtet? An der Riesentanne auf dem Trafalgar Square oder den Cocktails im Pub oder Büro. Da bindet sich der Boss eine Pappnase um, die Chefsekretärin schiebt einen Papierzylinder aufs Haar, Mitarbeiter tuten aus Blasröhren, und an der Wand hängt die Mahnung „no drinks when driving“ (kein Alkohol am Steuer). – An der Themse geht es fröhlicher als in Deutschland zu.
Zu Hause sammeln Engländer ihre Karten auf Wäscheleinen, dem Kaminsims oder Wohnzimmerschrank, um zu zeigen, wie groß der Freundeskreis ist. Zu der Essorgie am ersten Weihnachtstag, dem Christmas Day, gehört: gefüllter Truthahn, Plumpudding, englischer Weißwein oder französischer Rotwein – auch südafrikanischer darf es sein. Als Dessert serviert die Queen im Fernsehen ihre Weihnachtsansprache. Die will sich keiner entgehen lassen. Denn Elisabeth II: gehört am ersten Festtag zum Hausstand wie ein Familienmitglied. Am Nachmittag machen die Engländer ihren Verdauungsspaziergang. Im königlichen Richmond-Park füttern sie die vielen dort frei herumlaufenden Hirsche und Rehe. Am zweiten Weihnachtstag (Boxing Day, genannt nach den Geschenkpäckchen, den „boxes“ für die ehemaligen Dienstboten) kommt der Sport zu Wort: Ausflug ins Stadion, aufs Fußballfeld oder in den TV-Sessel.
Belgien: Riesige Kuscheltiere
In Belgien ist Weihnachten vor allem ein kulinarisches Ereignis. Allein der Blick in die Supermärkte verdeutlicht dies. Hummer, Austern und Gänseleber werden genauso in Massen angeboten wie Wild, Geflügel und Fische. „Père Noel“, wie der Weihnachtsmann im französischsprachigen Belgien genannt wird, bringt jedoch auch viele Überraschungen. Besonders für Kinder bedeutet dies Spielsachen und Video-Games en masse. Aber auch riesengroße Kuscheltiere stehen nach wie vor hoch im Kurs. Das wichtigste bleibt jedoch das Essen. So haben nicht nur Läden und Supermärkte an Heiligabend bis 20.00 Uhr geöffnet. Auch viele Restaurants sind an diesem Abend ausgebucht.
Kaum eine belgische Familie verbringt den Heiligabend alleine. Entweder bestellt sie in einem Restaurant einen Tisch oder wird von Freunden oder Bekannten zu einem opulenten Mahl eingeladen. Besonders in Flandern haben Essen und Trinken eine uralte Tradition.
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt es hier die meisten Gourmetköche in Europa. Hier werden die Feste gefeiert, wie sie fallen: Schinkenfest, Blaubeerfest und Hopfen-oder Bierfest. „Rohstoffe“ gibt es genügend: gut genährtes Vieh auf fetten Wiesen, eine Fülle von Früchten und Gemüsen sowie Fische aus Teichen, Flüssen und der Nordsee.
Frankreich: Jede Menge Pastete
Festfreude in Frankreich: Von den über 9.000 Tonnen Fettleber (foie gras), sei es von der Gans oder der Ente, die jährlich in Frankreich verzehrt werden, fallen 60 Prozent zu Weihnachten oder Silvester an.
Für das Essen an Heiligabend hat sich das Wort „réveillon“ eingebürgert. Viele Familien gehen an Heiligabend in die Messe, und zwar lieber um neun Uhr als um Mitternacht. Das Tafelfest kann auch am ersten Weihnachtstag stattfinden. Neben Gänse- und Entenleber sind Austern, Lachs oder Kaviar die beliebtesten Vorspeisen. Puter mit Maronenfüllung oder ein Kapaun, der kastrierte Masthahn, bieten sich als Hauptgang an. Es darf auch Truthahn sein oder die Weihnachtsgans mit Sauerkraut wie im Elsass. Unerlässlich ist „la bûche de Noel“, der „Weihnachtsbaumstamm“ zum Dessert.
Ein Wort für „Bescherung“ haben die Franzosen nicht, weil Geschenke nicht im Mittelpunkt stehen. Wie in angelsächsischen Ländern steigt der Weihnachtsmann durch den Kamin und legt für die Kleinen Geschenke in Stiefel. Für die anderen liegen bunte Päckchen unterm Baum.
Italien: Mahl mit ganzer Sippe
Auch wenn der Papst 1981 den heidnischen Weihnachtsbaum in sein Minireich eingeführt hat, gehört die Tanne nicht zum Inventar italienischer Haushalte. Weihnachten fängt in Italien erst am
25. Dezember an und dauert zwei Tage. In dieser Zeit wird geschlemmt mit gekochtem Schweinefuß, Hasen, Geflügel und Süßigkeiten.
Jede Region hat ihren eigenen Hit, der von flinken Hausfrauen und Unternehmern hergestellt wird. Der Panettone, ein süßer Kuchen, den die großen Süßwarenhersteller zwischen Bozen und Palermo in unzähligen Variationen vertreiben, hat tausend verschiedene Namen. Im Aostatal heißt er Meculin, in Ligurien Pandolce Genovese und in der Lombardei schlicht Panettone. Aber auch den Schokoladenriegeln, den Torroni, kommt große Bedeutung zu: So große, dass jede Region das Ur-Rezept ihr eigen nennt und ihrem Produkt einen anderen Namen gibt.
Am 25. Dezember übergibt man sich morgens die Geschenke, es folgen der Kirchgang und mittags ein Mahl mit der ganzen Sippe. Aufgetragen werden, je weiter man nach Süden geht, mindestens zehn Gerichte. Die Weihnachtszeit endet am 6. Dezember. Dann kommen keine heiligen drei Könige, sondern es kommt Befana, die gute Hexe. Den bösen Kindern bringt sie schwarze Zuckerwürfel, den guten weiße. „Die Befana hat euch Kindern Kohlen gebracht, weil ihr euch schlecht benommen habt, sie hat aber auch Gebäck und Süßigkeiten mitgebracht, damit ihr euch in Zukunft bessert.“ Das war ein typischer Satz der Mütter, der die Freude oder Enttäuschung der Kinder begleitet hat, als sie am Morgen des 6. Januar in ihren Strumpf geguckt haben, was die Befana ihnen gebracht hat. Im Strumpf waren in der Regel Süßigkeiten, trockene Feigen, aber auch Zwiebeln, Kartoffeln, Kastanien, Äpfel sowie Nüsse. Und ganz unten auch etwas Kohle oder Asche.
Die Befana ist eine einzigartige italienische Figur, eine „gute Hexe“, die aus der Volkstradition kommt, am 6. Januar jeden Jahres durch den Kamin geht und den Kindern Geschenke für ihr gutes Benehmen und Kohle für ihre Streiche bringt. Der Kamin symbolisiert die Berührung zwischen Himmel und Erde, zwischen dem Heiligen und dem Menschlichen. Die guten Gaben bedeuten gute Wünsche für die kommende Frühlingszeit; die Kohlen stehen für Belastendes aus der Vergangenheit, für die dunkle Seite des menschlichen Zusammenlebens.
Ursprung der Befana, meinen manche Kenner, ist die Göttin des Lebensursprung, Herrin über Leben und Tod sowie über die Wiederbelebung der Natur. Eine andere Erklärung ist, dass sie die Göttin des häuslichen Kamins (Feuer/Licht) ist. Der Kamin war früher ein sakraler Ort. Der Kamin symbolisierte die Wärme und die Geborgenheit, die Menschen in der Familie erfahren durften.
USA: Süßes in den Socken
Weihnachtszeit ist Reisezeit in den USA. Meistens sind es die Kinder, die zu ihren Eltern reisen, denn zu Weihnachten wollen die Amerikaner am liebsten daheim sein.
Der Heiligabend ist wenig feierlich. Fernsehunterhaltung mit Waschmittelwerbung ist angesagt. Viele Familien besuchen die Mitternachtsmesse. Das Fest beginnt erst am folgenden Morgen. Neugierige Kinder schleichen sich schon um fünf Uhr in der Früh ins Wohnzimmer. Dort hängen Strümpfe am Kamin, die gefüllt sind. Oft ist es die Herkunft der Einwandererfamilien, die für die Weihnachtsbräuche entscheidend ist.
Am Festtag wird das Frühstück zubereitet. Kränze verzieren den Tisch. Düfte von Gewürzen, frischem Kaffee, Gebäck und heißem Apfelwein erfüllen das Haus. Das Mittagessen fällt aus, denn der kulinarische Höhepunkt ist das Weihnachtsdinner am Abend. Wie schon zum Erntedank steht wieder der traditionelle Puter auf dem Tisch, zuweilen auch eine Gans, die mit Nüssen, Äpfeln und Kastanien gestopft ist. Dazu werden süße Kartoffeln und Preiselbeeren serviert. Auch Sauerkraut soll schon gesichtet worden sein. Dazu Rotwein oder ein Bier. Zum Nachtisch gibt es in alter englischer Manier einen Plumpudding oder eine gedeckte Torte mit einem Tässchen Tee oder Kaffee.
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