Warum hat der 6. Januar einen doppelten Schwerpunkt?
Im oströmischen Teil der Kirche wurde in den ersten Jahrhunderten der 6. Januar als Geburtstag Jesu festgesetzt (wie es in den orthodoxen Kirchen immer noch der Fall ist). Die weströmischen Kirchen feiern die Geburt Jesu jedoch seit dem 4. Jahrhundert am 25. Dezember. Daher musste für sie der 6. Januar eine andere Bedeutung erhalten, um als Festtag bestehen bleiben zu können. Im Laufe der Zeit kristallisierten sich zwei Schwerpunkte heraus:
1. Die Erscheinung des Herrn (Taufe)
Nicht nur die Geburt, sondern auch die Taufe Jesu wird als das öffentliche Auftreten (Erscheinen) Jesu vor der Welt gefeiert. Das Erscheinungsfest erinnert so an den 3. Advent (an dem Texte über Johannes den Täufer gelesen werden), die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer und den Johannistag am 24. Juni. An einigen Orten wurde das Fest daher auch als Tauftag der Christen gefeiert, so wie an „Quasimodogeniti“ (= als die neugeborenen Kinder), dem Sonntag nach Ostern. Am Erscheinungsfest feierte man auch die Wunder Jesu, insbesondere die im Johannes-Evangelium beschriebenen: Die Hochzeit zu Kana (Johannes 2), die Speisung der 5.000 (Johannes 6) und Lazarus' Auferweckung (Johannes 11).
2. Die Erscheinung des Sterns (Dreikönigsfest)
Der Fokus auf den ursprünglichen Sinn des Epiphanias-Festes, der Geburt Jesu, wird durch die zwei Berichte im Neuen Testament bewahrt, die beide von der Geburt Jesu berichten: Lukas 2 wurde dem 25. Dezember zugeordnet, während Matthäus 1 und 2 am 6. Januar berücksichtigt wurden.
In Lukas 2 (die bekannte Geschichte, die mit dem Aufruf Kaiser Augustus‘ beginnt) werden arme Hirten aus der Nachbarschaft durch die Engel Gottes zu dem armen Kind in der Krippe geführt. In Matthäus 2 führen Stern und Bibel reiche Magier (Sterndeuter) von weit her zum Herrn und König der Welt.
Die Matthäus-Geschichte vom Stern und den fernen Magiern inspirierte dazu, den Tag als Fest der „Heiligen Drei Könige“ zu gestalten. Obwohl es nach dem biblischen Bericht weder Heilige noch drei noch Könige waren (sondern mehrere heidnische Sterndeuter!), hat sich diese Bezeichnung etabliert, unterstützt durch die Praxis der „Dreikönigsspiele“. Die „Könige“ erhielten sogar Namen: Kaspar (nach Esra 1,8), Melchior (= König des Lichts) und Balthasar. Die Dreizahl ergibt sich aus den Geschenken Gold, Weihrauch und Myrrhe. Diese kostbaren königlichen Gaben machen aus den Magiern quasi Könige. Und weil sie den Herrn der Welt besuchten, wurden sie zu Heiligen.
Diese Geschichte zeigt die große Reichweite der christlichen Botschaft und lässt das Erscheinungsfest zu einem „Tag der Mission“ werden. In Württemberg werden daher seit jeher Missionsgottesdienste an diesem Tag gefeiert, bei denen Heimatmissionare und andere auf den Kanzeln stehen, und an dem das Gottesdienstopfer für die Missionsgesellschaften bestimmt ist. Das „Licht der Welt“ wird an Epiphanias besonders zum „Licht der Heiden“, zum „Licht der Völker“, die bisher noch nichts von Jesus Christus gehört haben. Die drei oder vier Sonntage im Januar, die zwischen dem Weihnachts- und dem Osterfestkreis liegen, werden als „Sonntage nach dem Erscheinungsfest“ bezeichnet. Die Anzahl hängt jeweils vom Ostertermin ab. Die Epiphanias-Sonntage fokussieren alle das Licht, das in die Dunkelheit der Welt gekommen ist. Ähnlich wie die Weisen aus dem fernen Morgenland sollten auch Menschen, die vom christlichen Glauben noch weit entfernt sind, zu Jesus finden. Da sie nicht mehr zur Krippe und zum Kreuz kommen können, soll stattdessen die Botschaft von Krippe und Kreuz zu ihnen gebracht werden.
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