Am Fest Mariä Himmelfahrt werden nach alter katholischer Tradition Kräuter im Gottesdienst gesegnet. Die geweihten Kräuter sollen dann zu Hause als Schutz gegen Gefahren aufbewahrt werden. Doch welche Kräuter werden verwendet? Ein paar Heilkräuter und ihre Wirkung sollen hier erklärt werden. Es sind die für den Krautbund wohl allgemein anerkannten Pflanzen.
Es fällt auf, dass sie nach dem Glauben der Vorfahren neben ihrer Heilkraft fast alle die Kraft haben, den Teufel, die Dämonen, die Hexen … abzuwehren. Die Angst vor den unheiligen, schädlichen bösen Geistern war groß, und der Mensch versuchte mit allen Mitteln, sich ihrer zu erwehren.
Neben den angeführten Pflanzen werden andere in den verschiedenen Landschaften häufig genannt: der Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis); die Kamille (Matricaria recutita/chamomilla); der Thymian (Thymus serpyllum); der Baldrian (Valeriana officinalis); der Odermennig (Agrimonia eupatria); der Alant (Inula helenium) und verschiedene Kleesorten, etwa der Hasenklee und der Feldklee. Sicher dürfen auch die wichtigsten Getreidesorten nicht fehlen.
Der Wermut (Artemisia absinthium)
Der Name des Krautes soll von seiner wärmenden Kraft stammen.
Es hat Zauberkräfte und treibt die Hexen zum Teufel. Auch spielte es eine Rolle im Liebeszauber, nicht zuletzt in Ägypten, wo es „Herz der (Göttin) Bubastis“ genannt wurde. Und es duftete auch im kolchischen Zaubergarten der Hekate.
Man legte die Pflanze in heidnischer Zeit zu den Toten auf die Bahre oder Holzstoß (wohl auch als Abwehr gegen alle Dämonen). Wermut soll am Niederrhein mit Salz, Asche und Getreide in die Baugrube neuer Häuser geworfen worden sein.
Sage und Legende haben sich der Pflanze kaum angenommen. In der alten Medizin aber hat sie eine große Rolle gespielt. Der „kräuterweise“ Lonicerus sagt, dass Wermutkraut oder Wermutblumen „…in Speiß und Trank genützt, dem Magen wohl bekömmt, den leib erwermet und austreibt gifft und gall“. Und noch Pfarrer Kneipp sagt: „Wer am Magen oder an der Leber leidet, der greife …einmal oder zweimal am Tage nach dem Döschen mit Wermutpulver …“
Der Wermut wird in Westfalen, in Hessen, der Rhön, im Elsaß sowie in Bayern und Österreich als Krautbundpflanze erwähnt.
Der Beifuß (Artemisia vulgaris)
Der Name geht nach Grimm auf das althochdeutsche pipoz (mhd. Biboz) zurück, was in „beifuß“ verderbt wurde. Der Name würde dann soviel wie „Bastard“ bedeuten. Nach H. Sieg kann er auch von bozzan = stoßen (weil das Kraut als Gewürz zur Speise gestoßen wurde) abgeleitet sein.
Das Kraut ist eine „uralte Zauberpflanze“. Der Teufel soll einen weiten Bogen um das Haus machen, an das man Beifuß-Wurzeln genagelt hat. Behexte Milch oder Eier wurden durch Berührung mit einem Beifuß-Stängel entzaubert. So sehr war die Pflanze vom „Zauberwerk“ umgeben, dass der Bergzabener Botaniker Jakob Diether (der berühmte Tabernaemontanus) schreiben muss: „Wiewohl nun das Kraut in großen Würden und Weret zu halten um seiner herrlichen und fürtrefflichen Tugend, Kraft und Nutzbarkeit willn, steht es doch Christenleuten sehr übel an. Zauberei und dergleichen Narrheit und Gaukelwerk damit zu treiben.“
Auch der Beifuß hat in Sage und Legende kaum eine Rolle gespielt.
Die Medizin fand in ihm ein Mittel gegen Frauenleiden, gegen die Schwindsucht und (in der Wurzel) gegen Epilepsie.
Zum Krautbund gehört die Pflanze in Westfalen, der Eifel, der Rhön, Hessen, in Luxemburg („Pipels“) und in Bayern.
Das Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Die vielen Namen, die das vielgepriesene Kraut in den deutschen Landschaften hat, weisen auf seine Bedeutung als Zauberkraut und zur Abwehr des Teufels und der Dämonen hin („Jage den Teufel“; „Teufelsflucht“ u.a.), auf die Sagen und Legenden, die das Kraut umgeben, endlich auf seine besonderen Heilkräfte. Das Kraut ist (daher kommt wohl der Name) eng mit dem Tag Johannes des Täufers verbunden gewesen. Kränze aus diesem Kraut wurden beim Tanz um das Johannisfeuer getragen.
Das Kraut verjagte das Böse, und der Teufel soll über die Macht des Krautes so erbost gewesen sein, dass er seine Blätter vielfach durchstach (was bis heute zu sehen ist, wenn man die Blätter gegen das Licht hält). Aber man gebrauchte das Kraut zur Sonnenwende auch, um die Statuen der Götter, der Altäre, auf denen man ihnen Opfer darbrachte und die Opfertiere zu schmücken.
Von den vielen Legenden sei nur auf die hingewiesen, nach der die herodias, als man ihr das Haupt des Täufers brachte (Mk 6,17-29 par.) voller Wut die (anklagende) Zunge des Täufers durchstach. Das Blut tropfte zur Erde und wurde zum Johanniskraut.
In der alten Medizin spielte das Kraut eine bedeutende Rolle. Schon Konrad von Megenburg (14. Jahrhundert) schreibt: „Daz kraut hat die art, daz ez daz herz sterkt und die leber, und rainiget die nieren und hailt die gesweren…“ Nach Paracelsus ist die Pflanze eine „Universalmedizin für den ganzen Menschen“. Nicht zuletzt vertreibt es die „fürchterlichen melancholischen Gedanken“.
Das Johanniskraut gehört im Ermland, in Westfalen, in Hessen, in der Eifel und in Luxemburg, in der Pfalz, in Bayern und Österreich zu den Krautbundpflanzen.
Der Rainfarn (Chrysanthemum vulgare / Tanacetum vulgare)
Der Name hat nach H. Carl (aus ahd. rein(e)fane; mhd. reine vane) die Bedeutung „Grenzfahne“. Das Kraut wurde bekannt und berühmt durch die Aufnahme in das capitulare de villis Karls des Großen (tanacitam genannt). Sonst wird es oft in den einschlägigen Büchern übergangen.
A. v. Perge vermerkt kurz, dass das Kraut „gegen Hexen und Zauber“ diene. So wird es auch häufig im Zusammenhang der Herstellung von „Hexenrauch“ zur Beschwörung (Bannung) der Hexen erwähnt.
In Sage und Legende ist das Kraut kaum eingegangen. In der Medizin war es vor allem als fieber- und wurmwidriges Mittel bekannt und geschätzt.
Nach E. M. Zimmerer ist es „eine der Pflanzen, die in keinem Weihbüschel fehlen dürfen.“ Sicher belegt ist das für das Ermland, Westfalen, die Eifel, die Rhön (?), Hessen, die Pfalz, Baden, Bayern. Nach v. Preger gehört der Rainfarn, „auch Tannkraut und Muttergottesstab genannt“ zu den „neunerlei Kräutern“ aus denen nach ihm das am „Großen Frauentag“ zu weihende „Kräuterbüschel“ bestehen „muss“.
Die Schafgarbe (Achillea millefolium)
Vielleicht hat sie ihren Namen davon, dass sie dem Schaf zur Nahrung dient.
Nach Plinius hat Achill (als er beim Kentauren Chiron am Pelion in der Lehre war) mit dieser Pflanze den Thelephos, König von Mysien, geheilt, eine Begebenheit, die sich im botanischen Namen der Pflanze erhalten hat.
Nach der (sicher nicht frühen) Legende entstand die Pflanze, als ein „ungezogener Bub“ dem Jesusknaben mit einer „bräunlich blühenden“ Rute in sein Milchschüsselchen schlug. Als er fortlief, hatte sich die Rute in eine weißblühende Doldenpflanze verwandelt. Und da er in Scham und Reue an den Blättern riss, wurden alle Blätter der Pflanze fein gefiedert.
Auch soll das Kind Jesus mit der Schafgarbe eine Verletzung seines Vaters Joseph geheilt haben.
Das Kraut soll dort am besten gedeihen, wo man die Reste des Weihnachtsessens ausschüttet. Die alte Medizin hat das Kraut in vielfacher Weise verwandt. Sie war neben der Engelwurz und dem Baldrian die dritte Pflanze, die man als Heilmittel gegen die Pest ansah und verehrte. Nach Tabernae-montanus (immerhin Leibarzt des Bischofs von Speyer) half Schafgarbe gegen die „fallende Sucht, Versehrung der Lunge, Blutspeien und Magenerbrechen“.
Das Kraut gehört in den norddeutschen Gegenden zum Krautbund, dazu in Luxemburg, in der Rhön, der Rheinpfalz, Hessen, der Oberpfalz (und anderen Teilen Bayerns).
Die Königskerze (Verbascum densiflorum)
Ihren deutschen Namen hat sie wohl von ihrer „königlichen“ Gestalt. Ihr mundartlicher (bayrischer) Name Himmelbrand erinnert an den hohen Wuchs (Brand = Hohes, vgl. Brenner) des Krautes.
Wollkraut (die „Wullena“ der Heiligen Hildegard) heißt sie wegen des wolligen Filzes der Blätter und des Stängels. Sie heißt auch Fackelblume oder Kerzenkraut, da sie früher (wohl schon bei den Griechen) – mit Harz oder Pech überzogen – als Fackel verwendet wurde.
Schon Plinius kennt sie als Heilkraut, wobei vielerlei Aberglaube die Pflanze umgibt. Auch dieses Kraut dient zur Abwehr der Dämonen und Hexen (daher der Name „Unholdenkerze“).
Nach einer (sicher nicht alten) Legende hat das Kraut den Namen von einem König, der mit seinem Sohn von einem boshaften Heiden in die Katakomben zu den Gräbern der Märtyrer geführt und dann im Dunkeln weglos zurückgelassen wurde. In höchster Not betete er zu Gott, und eine Pflanze, die der Sohn achtlos in Händen hielt, begann zu leuchten und wies ihnen den Weg. In der Sonne erlosch das Leuchten – aber sie heißt nun die Kerze des (dieses) Königs.
Wenn man nach dem Volksglauben eine Wunde mit Weihwasser besprengt, das Kreuzzeichen darüber macht und die Wunde mit einer Königskerze berührt, indem man spricht: "Unsere Liebe Frau geht dreimal über das Land, Sie trägt den (Himmel)brand in der Hand…" so wird die Wunde geheilt.
Wenn aus einem Grabe eine Königskerze wächst, so ist deutlich, dass der Verstorbene noch im Fegefeuer büßt und Gebet und gute Werke (Wallfahrt) braucht.
In der alten Medizin war die Pflanze ein Mittel gegen chronischen Husten. Die Heilige Hildegard empfiehlt sie jedem, „qui debile et triste cor habet“, wer also ein schwaches (krankes) und trauriges Herz hat. Auch Pfarrer Kneipp schreibt dem Kraut eine herzstärkende Wirkung zu. Aber sie hilft auch bei vielen andern Leiden.
So ist es nicht verwunderlich, dass das Kraut überall dort, wo es wächst, zum Krautbund gehört. Nach HDA ist es die „Hauptpflanze“. In Bayern und Österreich (Tirol) ist der Himmelbrand die Mitte des Krautbuschens.
Das Tausendgüldenkraut (Centaurium erythrae; auch Erythrae centaurium und centaurium minus)
Der (sehr alte) Gattungsname Centaurium geht auf die alte Sage zurück, nach der durch dieses Kraut die Wunde geheilt wurde, die dem Kentauren Chiron (dem Lehrer des Achill und des jungen Asklepios) durch einen Pfeil des Herkules zugefügt worden war
Aber mit dieser Plinius-Geschichte konnte man später wenig anfangen. So fasste man den Namen als eine Verbindung von Centum (hundert) und aureus (golden) auf und nannte das Kraut (im 15. Jahrhundert belegt) Hundertgüldenkraut. Die besondere Wertschätzung des Krautes ließ es dann vielleicht zum Tausengüldenkraut werden.
Die Achtung vor der Pflanze war jedenfalls groß. „Wenn ein Reiter auf der Straße ein Tausendgüldenkraut sieht, so soll und darf er nicht vorbeireiten; er soll absteigen, die Pflanze pflücken und sie mit sich nehmen. Begegnet ihm dann auf seinem weiteren Ritt ein Frauenzimmer, so muss es dieser Pflanze in der Hand des Reiters einen Kuss geben.“
Auch diese Pflanze „schützte gegen bösen Zauber und gegen die Hexen“. „Tausendgüldenkraut, du nimmst mir meine Braut“, klagt der Teufel in einer unterfränkischen Sage. Mit einem Kranz solcher Pflanzen kann man in der Walpurgisnacht die Hexen sehen usw.
Die Legendenbildung lag vom Namen her nahe. So wird in Variationen erzählt von dem Mann, der bei unheilbarer Krankheit zu Gott fleht und der 1000 Gulden gelobt, wenn er gesund wird. Ihm erscheint ein Engel und wiest ihn auf das Tausendgüldenkraut hin (und auf seine eingegangene Verpflichtung), worauf er geheilt wird und (hoffentlich) sein Versprechen hält.
Das Kraut (so bitter, dass es auch „Erdgalle“ hieß) war ein Mittel gegen Magenleiden und gegen Blutkrankheiten. Pfarrer Kneipp empfiehlt es gegen alle Leber- und Nierenleiden und gegen alle Magenbeschwerden.
Die Pflanze gehört im Ermland und in Westfalen, im Elsass und in der Pfalz, in Bayern und Österreich zum Krautbund.
Das Eisenkraut (Verbena officinalis)
Wir haben oben von ihm gesprochen. Das Eisen wurde – daher der Name – durch nichts so gut gehärtet wie durch den Saft dieses Krautes. A. v. Perger aber führt den Namen des „Isenkrutes“ auf die Wortwurzel is = hart, zäh zurück, da die Stängel dieser Pflanze sehr zäh seien. Nach H. Carl soll der Saft des Krautes die Kraft haben, die Wunden, die das Eisen geschlagen hat, zu heilen.
Auch dieses Kraut war als antidämonisches Mittel bekannt. Es macht vor Schlangen und Hexen sicher und schützte selbst gegen den Blitzschlag. Nach Plinius benutzen die Gallier es zum Wahrsagen „und die magi treiben wahren Unsinn damit“. Aber er schreibt auch: „Keine Pflanze erfreut sich in Rom einer größeren Berühmtheit, als das heilige Kraut“. Und es ist bekannt, dass römische Gesandte nur mit einem Strauß von Eisenkraut zu den andern Völkern gingen, um mit ihnen zu verhandeln (nicht zuletzt um Krieg und Frieden). Vergil erwähnt die Anwendung des Eisenkrautes im Liebeszauber; und Apuleius berichtet ausführlich über die Zauberkräfte des Krautes.
Die Legende hat sich der unscheinbaren Pflanze nicht bemächtigt, dagegen hat sie in der Kirche des Mittelalters, wie wir hörten, eine bedeutende Rolle gespielt.
Die alte Medizin schrieb dem Kraut „eine fast unumschränkte Macht über viele Krankheiten“ zu. Aber es sollte auch helfen Kinder gescheit und lernbegierig zu machen. Wer es bei sich trug, wurde reich und jedem angenehm. Es machte die Äcker fruchtbar und schützte vor Gift und Schlangenbiss.
Niemand weiß, wie das (so oft übersehene) Kraut zu solcher Berühmtheit kam. Trotzdem aber wird es in wenigen Ländern als Krautbundpflanze erwähnt. So in Westfalen, im Elsass und in der Pfalz.
Weiterführendes:
› Heilpflanzen der Bibel - Teil 1
› Heilpflanzen der Bibel - Teil 2
› Pflanzen der Bibel im christlichen Lexikon
› Klostergarten-Heilschätze
› Hildegards Kräuter-Hausapotheke
› Ausflug zum Hildegard-Kräutergarten
› Teemischungen aus den Kräutern von Mariä Himmelfahrt
› Wissenswertes und Bräuche an Mariä Himmelfahrt
› Produkte für Marienfeiern und die Marienverehrung
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